Montag, 16. September 2013

Zurück in Deutschland


Gefühlt bin ich schon wieder eine halbe Ewigkeit zurück in Deutschland. In Wahrheit ist es aber nur sechs Wochen her, dass ich Sambia den Rücken gekehrt habe. In diesen sechs Wochen hatte ich oft das Gefühl die Zeit wäre stehen geblieben, zurückblickend ist aber doch schon einiges passiert.

Eine kleine Zusammenfassung der letzten Wochen:

Nach der 20 stündigen Reise Richtung Heimat stieg ich zitternd aus dem Flugzeug. Ich hatte gerade all das verlassen, was mir ein Jahr lang meine Zeit so lebenswert gemacht hatte. Die Schule und neu gewonnen Freunde würde ich so schnell nicht wiedersehen. Mein Kopf war voll von Gedanken, denn auf der anderen Seite freute ich mich auf meine Familie und meine alten Freunde, die ich so lange nicht mehr gesehen hatte. Ich zitterte, weil ich nicht wusste, ob mein Leben wieder so wird wie es einmal war, ob Freundeskreise noch genauso existierten wie ich sie verlassen hatte und auch, weil ich genau wusste, dass ich Entscheidungen werden treffen muss wie es mit meiner persönlichen Zukunft weitergehen soll. Die auf mich einprasselnden Gefühle sind nicht leicht zu erklären. Jedenfalls wusste ich nicht, ob ich es gut finden sollte wieder nach Hause zu kommen oder nicht.

 Große Party am Flughafen



Dieses Gemisch aus Ungewissheit, Vorfreude und Angst ließ mich relativ sprachlos erscheinen, als Familie und Freunde mich am Flughafen herzlichst empfingen. Die Ankunft war sehr nett gestaltet, mit Sekt hatte ich gleich die Möglichkeit meine Nervosität zu betäuben. Für den Abend hatten meine Eltern eine Willkommensparty organisiert. Was mir erstmal als ein bisschen viel auf einmal vorkam, war im Nachhinein eine super Gelegenheit gewesen, gleich wieder in Kontakt mit all meinen Freunden zu kommen. Und so hieß es auch nach der schönen Feier die nächsten eins-zwei Wochen mein „Ich-bin-wieder-da“ ausgiebig mit allen Freunden zu feiern.
Um in meinem alten Hobby, dem Schwimmen, wieder Anschluss zu finden, machte ich mich schnell auf ins Trainingslager. Auch das Wasserballspielen habe ich erneut aufgenommen. Wieder zurück in Flörsheim fing mein Leben nun an sich zu beruhigen.
Ich gestattete mir ein paar faule Tage, renovierte mein Zimmer und begab mich auf die Suche nach einem Nebenjob. Dies jedoch wurde etwas turbulenter als ich mir es vorgestellt hatte. Ich half zwischendurch aus in einem Schreibwarenladen, arbeitete ein paar Tage in der Waschstraße, schüttete Getränke aus bei Konzerten und war Ordner bei Heimspielen der Eintracht. Letztendlich scheine ich eine längere Anstellung beim Logo-Getränkemarkt gefunden zu haben.

Auf der Willkommensfeier

Soweit zu dem was seit meinem Zurückkommen in meinem Leben passiert ist. Im Oktober fängt nun mein Wirtschaftsstudium in Frankfurt an, nächste Woche beginne ich bereits mit den Vorkursen.
Was allerdings seit meiner Rückkehr alles in Sambia passiert ist, weiß ich gar nicht genau. Den neuen Freiwilligen geht es wohl soweit gut. Was ich ihren Blogs bisher entnehmen kann, leben sie sich gerade gut ein.
Wenn ich zurück an die Leute in Sambia denke, wird es mir schwer im Herzen. Ich habe mich bisher nur spärlich bei Ihnen gemeldet. Unbegründetes Schuldbewusstsein überkommt mich, wenn ich mich frage, wie es meinen Freunden denn so ergeht. Ich hoffe das ändert sich schnell und ich fasse den Mut den Kontakt wieder zu intensiveren. Denn das ist nicht nur wichtig für mich selbst, sondern auch für die zahlreichen Aktivitäten, die wir mit der Kolpingfamilie für Chipulukusu am planen sind.

Ein Arbeitskreis „Chipulukusu“ ist bereits gegründet worden. Dieser wird verschiedene Aktivitäten wie ein Fastenessen oder den Partnerschaftssonntag ins Leben rufen. Außerdem soll dieser helfen den Austausch im Glauben durch gegenseitige Berichte lebendig zu halten. In den Berichten werden von den Aktivitäten und Fortschritten in den Projekten erzählt. Das Partnerschaftsgebet als zentrales Element wird in Zukunft die Gemeinden in Flörsheim und Chipulukusu miteinander verbinden. Außerdem kümmert sich der Arbeitskreis um einen Partnerschaftsvertrag, der nach Vorbild der Bistumspartnerschaften aufgesetzt werden soll.
Wie Ihr euch bestimmt vorstellen könnt, bin ich über diese Entwicklungen unheimlich glücklich. Ich hoffe, dass dieser Weg von allen Beteiligten, die momentan motiviert sind, auch künftig weitergegangen wird.
So, damit habt Ihr nun einen umfangreichen Überblick wie das Abenteuer Sambia für mich zu Ende gegangen ist. Da mein Soziales Jahr in Sambia nun der Vergangenheit angehört, werde ich in diesem Blog keine Beiträge mehr veröffentlichen.

Als letztes möchte ich Euch hier noch die Antworten zu zwei Fragen geben, die ich bestimmt schon eintausend Mal gestellt bekommen habe, seitdem ich wieder da bin:

è Was ich denn an Sambia am meisten vermisse?
1. Die Freundlichkeit der Menschen.
2. Die unermessliche Freiheit beim Reisen.
3. Das Gefühl wirklich gebraucht zu werden.
4. Das unermesslich gute Wetter.

è Was ich denn wieder genieße, seitdem ich zurück in Deutschland bin?
1. Der allzeit volle Kühlschrank. Es ist einfach zu schön im Kühlschrank etwas Schnelles zum Essen zu finden wenn ich Hunger habe.
2. Die warmen Duschen.
3. Mein Fahrrad, auf das ich mich verlassen kann, dass es funktioniert.

In diesem Sinne möchte ich mich noch einmal bei allen fleißigen Lesern für Euer Interesse bedanken. Denn nur dadurch, dass Ihr auf meine Berichte gewartet habt, war ich auch im Zugzwang gewesen sie regelmäßig zu schreiben. Also: gut gemacht und danke dafür!

Auch wenn mein Abenteuer nun zu Ende ist, die Realität in Sambia geht weiter. Und so hoffe ich, dass Euer Interesse am Schicksal der Menschen in Sambia nicht nachlässt und wir zusammen mit der Kolpingfamilie Flörsheim die Partnerschaft mit der Gemeinde in Chipulukusu weiter ausbauen können.

Euer Martin

Donnerstag, 25. Juli 2013

Nur noch Stunden



Nur noch Stunden trennen mich vor der Rückkehr nach Deutschland. Von allen Leuten, die mir in diesem Jahr ans Herz gewachsen sind, habe ich mich verabschiedet. Meine Nachfolger sind schon in Ndola angekommen und werden kräftig herumgeführt. Auch alle Abschiedspartys sind erfolgreich über die Bühne gegangen. Es scheint wohl, als wäre meine Zeit hier nun zu Ende. Jetzt heißt es nur noch warten bis das Flugzeug kommt.
Etwas mulmig ist mir schon dabei. Es ist mein Vertrag, der mir sagt, dass ich Sambia verlassen muss, nicht jedoch mein Gefühl. Das Leben geht hier weiter, nur ohne mich. Und während ich die mir ans Herz gewachsenen Menschen und ihre Probleme verlasse, komme ich mir vor als ob ich mein eigens Leben verlasse, welches ich das letzte Jahr geführt hatte. Auch die Schule wird in Zukunft ohne mich auskommen. Das ist schön und traurig zugleich. Ich wünsche ihnen bloß alles Gute.
Aber dankbar bin ich. Ich habe in diesem Jahr so viele wunderbare Menschen kennen gelernt und durfte in die sambische Kultur hineintauchen. Ich habe einige der schönsten Orte dieser Welt besucht, aber auch gelernt wie sehr Menschen leiden können. Viel habe ich auch über mich selbst herausgefunden und konnte an den Herausforderungen wachsen.

Eine gute Nachricht zum Schluss habe ich noch: Mein Freund aus dem Armenviertel muss nicht zurück ins Dorf. Sein Adoptivvater hat seine auswegslose Situation erkannt, Mitleid mit ihm bekommen und ihm angeboten in Zukunft eine Ausbildung zum Lehrer zu finanzieren, anstatt ihn zurück ins Dorf zu schicken. Ist das nicht schön? Auch wenn Lehrersein nicht gerade die Wunschvorstellung von seiner Zukunft ist, öffnet ihm dies die Tür zu einer Zukunft jenseits des Armenviertels. Und nach ein paar Jahren des Arbeitens wird er genug Geld zusammengespart haben um seine Journalistenschule finanzieren zu können. Wünschen wir ihm  also auf seinem weiteren Weg alles Gute.
Hier sagt der Gemeinderat Lebe Wohl

Die Zeit in Sambia wird unvergesslich füer mich bleiben. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich in dieser Zeit unterstützt haben, für mich gebetet haben oder an mich gedacht haben.
Tausendmal musste ich schon versprechen, dass ich wiederkomme. Mal schauen, wann das passiert. Aber bis dahin hoffe ich, dass die Verbindung zu Sambia stets lebendig bleibt und wir gemeinsam unser bestes tun um den Menschen in ihren Nöten dort beizustehen.
Ein letztes mal viele Grüße von mir aus Sambia

Martin

Montag, 15. Juli 2013

Abschied





X




Ich bin mir sicher viele von Euch würden gerne wissen was aus meinem Freund geworden ist, von dem ich das letzte Mal berichtet hatte. Zu aller erst die gute Nachricht. Er musste noch nicht zurrück ins Dorf, er wohnt noch immer in Ndola. Er hat all seinen Mut zusammengenommen um mit seinen Adoptiveltern zu reden und ihnen seine Situation zu erklären. Mit dem Versprechen alles sein möglichstes zu tun um einen Job zu finden, wurde ihm erlaubt noch für ein paar Wochen daheim wohnen zu bleiben. Die Sachlage bleibt jedoch die gleiche. Einen Job hat er immer noch nicht. Und findet er in naher Zukunft keine Anstellung geht’s ab zurück ins Dorf. Er hat nur etwas Zeit gewonnen.
Als ich meinem älteren Gastbruder von der Situation meines Freundes berichtet hatte, meinte er, dass er vielleicht helfen könnte. Er rief einen Freund an, dessen Vater eine Firma besitzt, die Leute anstellt um Gras wegzusensen. Dieser verlangte nach der Nummer meines Freundes und meinte er wird sein Möglichstes tun. Das ist nun eine Woche her. Leider hat er sich bis heute nie bei meinem Freund gemeldet.
Vielleicht ist das jetzt kein gutes Beispiel. Aber nur so läuft es hier in Sambia. Wer einen Job haben will, brauch Kontakte. Ich kriege tagtäglich erzählt, dass es so gut wie unmöglich sei in einer Firma anzuheuern, wenn man nicht wenigstens einen entfernten Verwandten dort, hat der für einen vorspricht.  Kontakte gehen wohl vor Qualifikationen. Der jüngere Gastbruder arbeitet momentan in Lusaka bei Zesco, dem nationalen Stromanbieter. Seine Tante, die dort arbeitet, hat ihm diesen Job verschafft. Der ältere Bruder hat gerade ein Praktikum hinter sich bei der Ölfirma, in der seine Mutter arbeitet. Und er wartet darauf bei einer Bank in Kitwe anzufangen, wo sein Onkel arbeitet.
Vielleicht erklärt das die auswegslose Situation des Freundes etwas besser.

So ganz nebenbei ist übrigens meine Zeit in der Schule zu Ende gegangen. Es ist der Wahnsinn wie schnell die Zeit vergangen ist, aber letzten Freitag haben meine Schüler und ich unseren letzten Unterrichtstag gehabt. Natürlich haben wir mehr gespielt und Süssigkeiten gegessen als gearbeitet. Die Kinder wussten schon länger, dass ich bald verlassen werde, und diese Stimmung war die ganze Woche schon über zu spüren. Die, denen ich besonders ans Herz gewachsen bin, wollten nachmittags gar nicht mehr zum Essen nach hause, sondern sind bei mir im Klassenraum geblieben. Ich musste sie dann irgendwann fast sogar zwingen heim zu gehen, stellt sich das mal einer vor.
Ich weiß, dass ich als Lehrer viel falsch gemacht hatte. Auch wenn es gegen Ende relativ harmonisch und lustig zuging, so hatte ich doch zuvor immer viel schreien müssen um mich gegen den Lärmpegel durchsetzen zu können.  Dass ich manchmal harrsch zu ihnen war tut mir natürlich sehr Leid, es ist aber unheimlich schön zu wissen, dass meine Schüler mir verzeihen können.  Ich bin den Problemkindern ja auch nicht mehr böse, dass sie meinen Alltag so anstrengend gemacht haben. Nein, ich vermisse sie schon und muss jedes Mal lächeln, wenn ich an sie denke.
Am Samstag schmiss die Schule eine riesige Abschiedsparty für mich. Ein Raum wurde gemietet, der schoen dekoriert wurde. 

Neben mir meine Kollegen und vor mir der leckere Kuchen

Alle Klassen haben für mich getanzt, mehr als zweihundert Schüler und alle meine Kollegen waren dort. Und ich muss ehrlich sagen, die ganze Geschichte war ziehmlich bewegend.

 

                                        Die Kinder machen das, was sie gut können: Tanzen

Angefangen hatten wir morgens, aber es wurde getanzt bis es dunkel wurde. Wunderschöne Geschenke habe ich bekommen, die ich Euch gerne zeigen kann, wenn ich wieder in Deutschland bin. Briefe und Fotos wurden ausgetauscht und rührende Reden gehalten. Außerdem musste ich jedem einzelnen meiner Schüler versprechen, dass ich sie nicht vergessen werde. Eigentlich solle ich gar nicht gehen, aber wiederkommen müsse ich auf jedenfall.
 
 Geschenke!

Alles in allem war es ein Tag, den ich wohl noch lange in Erinnerung behalten werde.
Die kommende Woche wird nun ganz vom Abschiednehmen geprägt sein. Ich habe die Möglichkeit mich mit meinen Freunden und meinen Gastfamilien noch ein letztes Mal zu treffen. Des Weiteren stehen noch Auswertungstreffen und die Abschiedsfeier der Diözese auf dem Programm. Am Donnerstag kommen bereits Jan uns Johannes, Teresas und meine Nachfolger in Ndola an. Die letzten meiner Tage werde ich dann nutzen um sie bei ihrer Orientierungsphase zu unterstützen.
Auch wenn momentan die Traurigkeit des Abschieds überwiegt, freue ich mich sehr Euch alle bald wiederzusehen! Also bis ganz bald
Euer Martin

Donnerstag, 4. Juli 2013

Die bewegende Geschichte eines guten Freundes



Ich weiß nicht ob ich es je in meinem Blog erzaehlt hatte, aber besonders am Anfang meiner Zeit in Sambia hatte ich ganz schoene Schwierigkeiten gehabt gute Freunde zu finden. Klar, die Menschen, denen ich begegnet bin, waren von Anfang an sehr offenherzig und freundlich gewesen, so entstanden recht schnell oberflaechliche Kontakte. Eine tiefere Biindung zu Freunden aufzubauen, damit tat ich mir  jedoch schwer. Den kulturellen Unterschied hatte ich stark gespuert, Humor und Gespraechsthemen waren irgendwie zu verschieden gewesen.
Dazu muss ich sagen, dass es in der wohlhabenden Gegend in der ich wohnte, fuer mich erheblich einfacher war, als meine Zeit mit Gleichaltrigen aus der Umgebung der Schule. Woran das lag? Ganz einfach daran, dass sich die Oberschicht Sambias sich sehr an unserem westlichen Leben orientiert. Umso gluecklicher war ich, als nach gut 4 Monaten endlich einen Jugendlichen aus dem Armenviertel getroffen hatte, den ich mochte, mit dem ich mich gut verstand und regelmaessig zu treffen begann. Wenn wir uns treffen, reden wir immer viel, kochen zusammen, schauen Filme auf meinem Laptop oder gehen in die Stadt. Wir geniessen eben unsere Zeit zusammen und so kriege ich viel vom Leben meiner eins-zwei wirklich guten Freunden mit. Und leider ist das nicht immer nur positiv.

Lasst mich Euch also nun die geschichte von meinem Freund erzaehlen, der mich in die Welt des Armenviertels ueberhaupt erst richtig hineingefuehrt hat.

Es war 2003, als er nach Ndola gezogen kam. Sein Vater hatte naemlich eine Anstellung in einem Betrieb gefunden, die Branche weiss ich nicht mehr. Auf jeden Fall war sein Verdienst genug die Miete vom Haus im Armenviertel, das Essen für die Familie und die Schulgebuehren fuer die Familie zu bezahlen.
So weit so gut.
Dann kam der Schicksalsschlag. 2008 ging der Betrieb des Vaters in bankrott, alle Arbeiter einschliesslich ihm wurden entlassen. Es begann eine schwierige Zeit fuer die Familie. Der Vater tat alles daran einen neuen Job zu finden, doch schnell wurde klar, dass die Lage aussichtslos war. Also wurde eine schwerwiegende Entscheidung getroffen: Die Rueckkehr der Familie ins Heimatdorf. Dort wuerde das Leben als Bauern ohne Strom zwar erheblich härter werden, doch dort spielt auch Geld keine Rolle mehr. Es gaebe wenigstens genug zu essen und das Ueberleben der Famile waere gesichert.

Mein Freund hatte allerdings Glueck. Da es im Dorf natuerlich keine weiterfuehrende Schulen gibt, sollte er in Ndola bleiben um seine Schule zu beenden und eine Chance auf eine gute Zukunft hat. Ein Freund des Vaters erklaerte sich also  bereit ihn aufzunehmen und auf ihn aufzupassen. Seit dem Beenden der Schule lebt mein Freund nun mit zwei seiner Adoptivgeschwister in einem kleinem Haesschen, welches aus Gemeinschaftsschlafzimmer und Esszimmer besteht. Aber auch ohne Kueche, Bad oder Sessel kommen sie gut zurrecht.


Auch wenn wir hier zusammen in seinem Wohn-, Arbeits- und Lebenszimmer stehen, unsere Schicksäle werden wohl verschieden sein.
 

Nun ist er zwar sehr aktiver Jugendlicher in der katholischen Kirche, doch leider vor allem auch arbeitslos. Zuhause ist er Hausmann. Er kocht und haelt das Haus sauber. Er wuerde gerne eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Journalist will er werden; er liebt das Schreiben.
Das Problem ist, dass in Sambia jegliche Ausbildungen viel Geld kosten, welches er nicht besitzt. Sogar ein Buch hat er schon geschrieben. Veroeffentlichen wird er is in naher Zukunft aber aus den gleichen Gruenden auch nicht koennen. Sein Plan ist also irgendwo eine Anstellunf als ungelernter Arbeiter zu finde, vielleicht als Gärtner, Haushaelter, eigentlich egal als was, um so Schritt fuer Schritt genug Geld fuer seine
Ausbildung zusammenzusparen.
Die Jobsituation in Sambia spielt ihm aber nicht gerade in die Karten. Bis zum heutigen Tag hat er nichts gefunden. Und nun wird es ernst. Mit dem Vorwurf der Faulheit konfrontiert, wird ihm vom Adoptivvater gedroht, dass er zurueck ins Dorf zu seinen Eltern geschickt wird, wenn er nicht innerhalb von 2 Wochen eine Anstellung findet.

Zurueck im Dorf warten auf ihn harte koerperliche Arbeit, Langeweile und vor allem eines: Perspektivlosigkeit. Seine Hoffnungen auf ein besseres Leben muesste er wohl auf alle Ewigkeit begraben.
Eine Woche dieses Ultiatums ist bereits verstrichen und noch immer steht er ohne Job da.

Dienstag, 18. Juni 2013

Gottesdienst in Sambia

Vorne weg: Es gibt nicht DEN einheitlichen sambischen Gottesdienst. Da ich aber nun schon einige Zeit in einer sehr religioesen Familie lebe und des oefteren zwischen den Gemeinden meiner Schule und der, zu der meine Familie gehoert, hin und her wechsele, habe ich mitlerweile einen recht umfangreichen Einblick in das sambische Kirchenleben bekommen koennen. Im Grunde genommen gibt es 3 Arten von Sonntagsgottesdiensten, die sich anhand von Sprache, Liederauswahl, Publikum und Laenge unterscheiden. Die Liturgie ist natuerlich stets die selbe. 
Der Jugendgottesdienst ist der Frueheste. In den meisten Gemeinden faengt er zwischen sieben und acht an und geht anderthalb Stunden. Jeden Sonntag singt dort der Jugendchor, der 3-4 mal die Woche sich zum proben trifft. Die Lieder sind wirklich schoen anzuhoeren, sie haben meistens Schwung oder sind ergreifend. Begleitet werden sie vom Keyboard, Playbackmusik, ueberhaupt nicht oder manchmal auch von Trommeln. Waehrend dem Singen darf auch durchaus mal mitgeklatscht werden oder vom einen Fuss zum anderen geschwankt werden. Alles findet hier gewoehnlicherweise auf Englisch statt. Nach dem Auszug des Priesters stroemen die Jugendlichen und die vielen anderen, die diesen Gottesdienst am liebsten besuchen, aus der Kirche, und die naechsten Kirchenbesucher kommen herein. Der Priester brauch sich eigentlich nur umzudrehen und mit dem Einzug wieder zu beginnen. Diesmal aber mit klassischer Orgelmusik und Lieder, die wir aus Deutschland kennen. Nicht nur die Kirchenbesucher, sondern auch der Chor wird ausgewechselt. Dieser „klassisch roemische“ Gottesdienst wird ebenfalls in Englisch gehalten. Als Drittes folgt dann der Bemba-Gottesdienst, der gerne auch mal erst nach 12 Uhr zu Ende ist. Er dauert am laengsten wegen den ewig langen Liedern des dritten Chores, und weil die Menschen generell auf Bemba immer gerne lang und viel reden. Diese Messe ist sehr traditionell sambisch gehalten. Damit meine ich, dass rech viel gejodelt, gewartet und getanzt wird.

 Hier seht ihr den Innenraum der Kirche, die neben meiner Schule liegt.



Und noch ein anderer Altarraum, nur zum Vergleich.


Generell sehe ich einen kleinen Unterschied von der sambischen Gottesfeier zur deutschen Messe vor allem in der Predigt. In dieser wird hier naemlich des Oefteren mal Nachfragen an die Gemeinde gestellt, die daraufhin stets aehnlich einer Schulklasse antworten. Ausserdem wird relativ haeufig gespasst und zum Schluss der Predigt sowie nach dem Schlusssegen ueblicherweise geklatscht.
Etwas ueberrascht war ich aber dann doch als selbst am Karfreitagsgebet  vom Bischof persoenlich die Gemeinde mehrmals zum Lachen gebracht wurde.



Das ist die Kapelle, in der die Schwestern von Teresas Projekt in Kitwe beten.


Ansonsten ist das noch vom Papst Benedikt ausgerufene „Jahr des Glaubens“ sehr praesent. Das offizielle Gebet wird jeden Sonntagsgottesdienst brav gebetet.
Im Domgottesdienst sind uebrigens stets 3-5 Priester anwesend. Trotzdem sprechen auch hier die Verantwortlichen von einem Priestermangel.
Ueber die Fastenzeit gab es die 40 Tage des Gebets mit einer taeglichen Gottesfeier sowohl morgens als auch abends, von denen so gut wie keine von meiner Gastmutter ausgelassen wurde. Als Sekretaerin der Gemeinde liest die die Lesungen und den Wochenplan mit allen Ankuendigungen fuer die Woche am Ende jeder Messe.
Wie ich vor langer Zeit schon einmal geschrieben hatte, ist die Gemeinde in mehrere kleine christlichen Gemeinden aufgeteilt, die sich stets sonntags nachmittags zum Bibeldiskutieren treffen. Jede Woche ist nun eine andere kleine christliche Gemeinde an der Reihe, dem Priester in einem der Gottesdienste Geschenke zu ueberreichen. Jeder aus dieser Gruppe von Leuten kauft also vorher ein paar Eier, Drinks, Oel oder sonst was ein, im es dann dem Pfarrer (wenn moeglich noch mit etwas Geld) zu ueberreichen.
Fuer die deutschen Augen ist das vielleicht erstmal etwas komisch mit anzusehen, erklaert sich aber damit, dass die Priester ansonsten von der Dioezese kein Gehalt bekommen.
Ich hoffe meine Beschreibungen sind einigermassen verstaendlich und ihr koennt euch die Kirche in Sambia nun etwas besser vorstellen.

Viele Gruesse aus dem mitlerweile winterlichen Sambia

Martin

Dienstag, 28. Mai 2013

Letzte Ferien


Ich habe mal wieder ganz verrueckte Tage hinter mir. In Livingstone hatte ich noch ein paar entspannte Tage mit meinen Eltern verbracht. Die Victoriafaelle bei Hochwasser zu sehen war ein ganz anderes Erlebnis als noch im Dezember. Such die kurze Safari (, die wenn wir nicht grad zusammen da gewesen waeren wohl keiner von uns je in seinem Leben gemacht haette) war eine schoene Erfahrung gewesen. Am meisten hat mich dabei bewegt zu sehen mit welch einer friedlichkeit die Elefanten, Giraffen, Bueffel, Impalas, etc miteinander und direkt nebeneinander leben. In dem teilweise radenden und nach Tieren suchenden Safariauto habe ich mich interessanterweise direkt  als der boese Jaeger gefuehlt, der in der Friedlichkeit etwas stoert.          
Spaeter dann wieder in Livingstone gab es das grosse Wiedersehen mit einer Vielzahl von meinen Freunden, die ich beim Reisen in den letzten Ferien oder auf dem Zwischenseminar ins Herz geschlossen hatte. So konnte mir auch in den Naechten, nachdem ich meine Eltern ins Bett geschickt hatte, nicht langweilig werden.
Den letzten gemeinsamen Tag verbrachten wir gemeinsam in Lusaka. Ich nehme mal an dass meine Eltern Lusaka vor allem mit einem in Verbindung bringen werden. Und zwar: Chaos. Auf der Suche nach einem funktionierenden Geldautomat verloren wir uns naemlich im Dreckigen Grossstadtdschungel. An dem Tag waren wir echt froh als wir sicher in unserer Bleibe wieder angekommen waren.
 Nach der Verabschiedung am Abend begann der zweite Teil meiner Ferien: Unterwegs mit Freiwilligenfreunden aus Namibia, Tansania und Sambia. Unser Ziel: den Norden Sambias mit seinen Seen, Wasserfaellen und heissen Quellen zu erkunden. Bis auf letzteres haben wir auch alles geschafft. Und zwar (ob gewollt oder nicht)  jenseits jeglicher touristischer Wege. Bevor wir uns aber auf die Reise machten konnten gab es noch zwei wichtige Dinge zu tun.
Erstens: Lusakas kunterbunte Maerkte zu bestaunen. Und zweitens: Uns erstmal selbst zu befeiern.
Nachdem wir uns also nun diesen beiden Punkten allseiteits zufriedenstellend gewidmet hatten, reisten wir 12h mit dem Bus noerdlich  in die Hauptstadt des Bembaimperiums: Kasama. Zuflucht konnten wir, mitten in der Nacht angekommen, im Jugendzentrum des Bistums Kasama finden. Am naechsten Tag zwangen wir unsere gerraederten Koerper die beschauliche Innenstadt etwas zu erkundigen. Viel mehr war an jenem Tag nicht drin. Am darrauffolgenden allerdings umso mehr. Per ueberdachten Piick-up gings zu den Chishimba-Falls. Diese bestehen aus drei Wasserfaellen, dicht aneinander gereiht und einer schoener als der andere. Die Devise lautet hier im Gegensatz zu den Victoriafaellen im Dezember: Mittendrin statt nur dabei. Im Klartext hiess das: Raus aus den Klamotten und den Wasserfall an der eigenen Haut erleben. Waghalsig bin ich die Felsen hinaufgestiegen, habe das herunterpplaetschernde Wasser als Massage genossen, bin am oberen Rand der Faelle schwimmen gewesen und ins mit Felsen bespickte Wasser gesprungen. (anbei: bitte keine Sorgen machen. Ich versuch’s zwar so weit es geht in Grenzen zu halten, aber womoeglich ist hie und da doch eine kleine Uebertreibung in meinem Bericht zu finden)

Na, koennt ihr uns klettern sehen?



Oder hier?


Das darauffolgende Grillen hat den Tag schon wirklich sehr perfekt machen lassen. Von Kasama erreichten wir als naechstes Mpulungu am Tangananyka-See, den zweittiefsten See der Erde, der sich bis nach Burundi erstreckt. Eine wahnsinns Landschaft oeffnete sich uns mit den verschiedenen Gruens der hohen Berge und dem klaren blau des Sees. Auch gut und erzaehlenswert: In unserer Unterkunft, wo wir in Bungalows mit Strohdaechern uebernachteten, gab es extra guenstige Preise nur fuer Voluntaere. Echt super Sache. Sowas sollte es ueberall geben. Aber zurueck zum Urlaub. Ich fands paradiesisch nach dem Aufstehen erstmal im See schwimmen zu gehen, mich Mittags hier am spuerbar heissesten Ort Sambias abkuehlen zu koennen und abends an der Strandbar mir den Sternenhimmel anzuschauen. 

 
 Lake Tanganyka

Ein guter mitreisender Freund, der Nebenbei ein kleines Organisationstalent ist, machte uns ein Motorboot klar, mit dem es nach etwa einer Stunde fahrt zu einer einsamen Pension ging. Keine Strasse, kein Stromkabel, keine Wasserleitung, einfach nichts verbindet diesen Ort mit dem Rest der Welt, waere da nicht dieses Boot. Von einem britischen Millionair wurde dieses Ansehen aufgebaut, mit dem Plan seinen Lebensabend dort gemuetlich zu verbringen. Dummerweise kann er aus gesundheitlichen Gruenden dort nicht mehr leben. Reich ist er uebrigens angeblich durch diese riesigen goldenen Fischen (4000$ pro Fisch) geworden, die nur sehr selten im See zu finden sind, und von denen im angrenzenden Fischbecken welche erspaehen konnte.
Warum wir aber uns ueberhaupt auf die ganze Reise mit dem Boot auf uns genommen haben? Weil es von dieser Pension nur noch 2 Stunden Fussweg zu den Kalambo-Falls waren, die mit ihren 215 Metern die zweithoechsten ununterbrochenen Wasserfaellen Afrikas sind. Diese 2 Stunden Fussweg hatten sich allerdings gewaschen gehabt. Wir sind wohl eher geklettert als gewandert. Mit dem Gaertner der Pension als Fuehrer ging es naemlich praktisch nur bergauf ueber Felsen, quer durch Cassava-Felder und Graesergestrueppe, die viel Groesser waren als ich selbst. Fest steht, mit meinen Flip-Flops hatte ich auf jeden Fall das falsche Schuhwer gewaehlt (Meine Fuesse konnte ich naemlich noch Tage spaeter spueren).  Der Ausblick auf die Faelle und das Abkuehlen im Wasser entschuldigte natuerlich fuer alle Strapazen. Und der Rueckweg ging ja (Gott sei Dank!) bergab. 

 
 Da musste ich mich noch durchs Gestruepp kaempfen.


  
 Da war es geschafft!

 
Nach noch ein paar wenigen Tagen wurde es auch Zeit den Rueckweg meiner Reise anzutreten. Den Umweg auf einer Holperpiste nach Nakonde zur tanzanischen Grenze habe ich noch mitgenommen, von dort aus ging es aber dann auch fuer mich relativ leicht und schnell wieder zurueck nach Ndola.

Die des ungesunden Lotterlebens sind jetzt auch endgueltig gezaehlt. Auf geht is in den dritten und letzten Kampf mit meinen Kindern in der Schule!

Viele Gruesse,
Martin