Dienstag, 18. Dezember 2012

Icibemba

Ich versuche beim besten Willen meine Versprechen zu halten. Und deswegen hier ein Thema, über das ich schon länger mal schreiben wollte und ich endlich nun die Zeit dazu gefunden habe.

Für alle, die es nämlich noch nicht wissen: In dem 13 Millionen Einwohnerstaat Sambia werden 73 verschiedene Sprachen gesprochen. Stellt sich das mal einer vor! Das ganze rührt daher, dass Sambia zusammengewürfelt aus verschiedensten Stämmen besteht, die Jahrhunderte lang nebeneinander daher gelebt hatten. Man kann aber schon sagen, dass es 7 Hauptsprachen gibt, von denen jeder mindestens eine zu sprechen mächtig ist. In den verschiedenen Teilen des Landes gibt es also immer eine vorherrschende Sprache, die zwar nicht ausschließlich, aber zumindest von den meisten gesprochen wird. Um euch das zu verdeutlichen: Im Kupfergürtel, in dem ich beheimatet bin, und im Norden sowie Nordosten des Landes ist das Bemba. Im Zentrum um die Hauptstadt Lusaka herum, in der ich meine letzte Woche verbracht habe, ist es das Nyanja. Im Moment befinde ich mich in Livingstone im Süden und hier ist das Tonga vorherrschend.
Die Vielfalt dieser Sprachen bedeutet sicherlich einen kulturellen Reichtum, sie sind aber definitiv auch eine Herausforderung für jegliche ausländische Hilfe, die auf den einzelnen Sambier persönlich anspielen.
 
Typische Situation: Eine Schülerin, die auf ihre Schwester aufpasst

Damit es keinen Streit bezüglich einer Vormachtstellung eines Treibes gäbe, wurde sich im Zuge der Unabhängigkeit für Englisch als Amtssprache entschieden. In der Politik, der Wirtschaft und der Mittel- und Oberschicht wird dieses auch hauptsächlich genutzt. In den armen Vierteln und auf dem Land findet es dagegen so gut wie keine Beachtung. Ich würde aber sagen, dass wenn jemand irgendwo eine Anstellung finden will, Englischkenntnisse eine Voraussetzung sind.
Die meisten Sambier sind generell unheimlich sprachbegabt. Es kann so ziemlich jeder eine weitere sambische Sprache sprechen, abgesehen von der eigenen Muttersprache. Mir wurde das ganze so erklärt: Wenn der beste Freund aus einem anderen Stamm kommt, und man mit ihm aber täglich spielt, dann lernt man seine Sprache automatisch mit. Na wenn das so einfach ist…
Meine Gastmutter zum Beispiel spricht Bemba, Nyanja, Englisch, Lunka und ihr ursprüngliches Lozi. Manche meiner Schüler entstammen dem Kongo und können daher fließend Französisch, Swahili und dazu noch Bemba sprechen. Nur mit dem Englisch tuen sie sich schwer.
Das Witzige ist aber, dass diese afrikanischen Sprachen ihren Einfluss auf das gesprochen Englisch haben. Das wirkt sich vor allem auf die Aussprache, aber auch auf die Grammatik aus, sodass sich das ganze manchmal echt lustig anhört. Ich möchte hier keine Sprachanalyse machen, aber wen die einzelnen Besonderheiten wirklich interessieren, kann sich bei mir gerne melden. Ich habe sie auf jeden Fall alle schon tief verinnerlicht und besitze sicherlich einen sambischen Akzent beim Englischsprechen.
Immer kommen die Kinder überall her


Nun aber mal zu meinen persönlichen Bembakenntnissen. Ich glaube, darüber habe ich bisher wenig geschrieben, weil ich es im alltäglichen Leben  einfach nicht unbedingt können muss. In den ersten 6 Wochen hatten Teresa und ich ja Sprachunterricht. Ich muss schon sagen, in dieser Zeit habe ich wirklich viel Vokabeln gebüffelt. Meine Lehrerin hatte ich am Ende sogar so beeindruckt, dass sie einen Brief an den Bischof schreiben wollte, um ihn von unseren großartigen Fortschritten zu unterrichten. Wenn jemand hier in Sambia so maßlos übertreibt, dann sollte ich das zwar keines Wegs wörtlich nehmen, kann die Botschaft aber durchaus etwa so verstehen: „Gut gemacht. Mach weiter so.“
Doof nur, dass ich nach der Eingewöhnungszeit das Bemba nicht mehr täglich benutzt habe / unbedingt benutzen brauchte. So kommt es, das die alltäglichen Floskeln tief in meinem Wortschatz verankert sind, die Kenntnisse der schwierigeren Sätze aber eher rückläufig sind. Um den Trend zu stoppen, trage ich nun aber mein Vokabelheft wieder immer mit mir mit und grabe je nach Gelegenheit eins, zwei Vokabeln wieder heraus. Die Motivation dazu ist auf jeden Fall da. Denn die Reaktion auf jeden einzelnen Versuch Bemba zu sprechen, ist überragend. Es wird sehr wertgeschätzt, dass ein Weißer versucht „ihre“ Sprache zu lernen. Packe ich zum Beispiel meine Bembakenntnisse in einer Unterhaltung im Minibus aus, so lacht ganz schnell der ganze Bus darüber. Das ist aber kein Auslachen, sondern eher ein anerkennendes und belustigendes Lachen. Aber um bei den Tatsachen zu bleiben: Eine richtige Unterhaltung mit Thematik kann ich noch nicht führen.
Trotzdem, auch hier in Livingstone und Lusaka frage ich die Leute nach den einfachsten Sachen wie „Danke“ oder „Wie geht’s dir?“. Nicht, dass es irgendetwas bringen würde, das Entgegenkommende Lächeln ermuntert mich nur immer wieder dazu, wenigstens eins, zwei Wörter in der jeweiligen Sprache zu können.
Also, wie gesagt, ich werde jetzt meine freie Zeit hoffentlich bestens nutzen, um für den Schulstart fitter denn je zu sein.
Drückt mir die Daumen.
Viele Grüße,
Martin

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Urlaubsgedanken


Hallo mal wieder!

Eine Frage. Wer von euch hätte sich eigentlich gefreut wenn der Klassenlehrer  unangekündigt zu hause vorbeigekommen wäre? Ich jedenfalls fand meine Hausbesuche sehr wertvoll und aufschlussreich. So konnte ich aus nächster Nähe miterleben in welchen Umständen meine Schüler wohnen und auch mal mit den Eltern reden, die nicht gekommen waren, um die Ergebnisse ihrer Kinder abzuholen. Fast alle Kinder waren zuhause, entweder am kochen, waschen oder nichts tuen. Die Eltern oder sonstigen Verwandten, bei denen sie wohnen, waren meistens auf dem Markt Sachen verkaufen. Wen ich nicht zuhause angetroffen habe, arbeitet schon auf einer der vielen Farmen. Nachdem die ersten Regentropfen nachmittags fallen ist es momentan Zeit zum Säen. Mich hat es echt überrascht, nicht alle am Spielen zu sehen. Aber sie müssen nunmal auf das Haus aufpassen, wenn sonst keiner da ist. Die Zustände der Häuser haben mich nicht mehr so überwältigt, ich hatte es schon so ähnlich erwartet, nachdem ich nun ja doch schon öfters in der Gegend herumgelaufen bin. So langsam bekomme ich echt Orientierung. Und ich werde bekannter. Ich finde es ehrlich gesagt recht angenehm öfters beim Namen angesprochen zu werden als ständig nur „Hallo weißer Mann“ zu hören.
Die Resonanz war geteilt. Mir ist zwar große Dankbarkeit für das Unterrichten der Kinder entgegen gekommen, manche möchten ihre Kinder aber trotzdem nicht die Klasse wiederholen sehen.
Für diese Woche habe ich diesen Kindern vormittags Nachhilfeunterricht angeboten, um vorhandene Lücken auszubessern. Leider waren stets nur vier oder fünf gekommen. Andererseits ist das aber echt angenehm und so konnte ich mich besser auf den Einzelnen konzentrieren.


Aber nun zu meinem Urlaub. Denn auch wenn ich im Moment gerne noch ein bisschen hier bleiben würde, freue ich mich natürlich auf etwas Entspannung und Abenteuer. Also mein Plan schaut folgendermaßen aus: Als erstes geht’s ab nach Lusaka zu Freunden. Nach eins, zwei Nächten dort mache ich mich zusammen mit Teresa auf zum Kariba Stausee, wo es wunderschöne Strände geben soll. Um den 20. Spätestens sollte ich dann in Livingstone an den Viktoriafällen sein, um dort mein Weihnachtsfest zu verbringen. Im Teufelspool zu schwimmen, Water rafting zu machen und die Wasserfälle zu sehen, ja, dadrauf freu ich mich am meisten. Das Reisemittel für all diese Ziele: Der Bus. Ich werde so oft es geht versuchen schöne Reisebusse zu nehmen, die zwischen den großen Städten hin und her fahren. Notfalls werde ich mich mit den Minibussen fortbewegen. Um den ersten Weihnachstfeiertag herum möchte ich dann in den Zug nach Tanzania einsteigen. Nach Zeitplan kommt dieser drei Tage später an der Ostküste Tanzanias in Dar-El-Salaam an. Von dort aus mache ich mich mit der Fähre auf Sansibar. Gewürzplantagen, Traumstrände und Tauchtouren warten dort auf mich. In all den Plätzen, die ich besuchen werde hoffe ich nette neue Leute kennen zu lernen, mit denen ich meine Zeit dort verbringen kann. Das ist hier allerdings meine geringste Sorge, da ich sowohl Freiwillige als auch Einheimische immer stets als sehr gesellig und offen empfunden habe. Vielleicht kann ich so dann auch den einen oder anderen Euro einsparen. Der Urlaub wird nach etwas über 4 Wochen um den 10. Januar zu Ende gehen. Denn dann startet das Zwischenseminar in Tanzania. Dieses dient zur Reflektierung des ersten Halbjahres. Es wird wohl eine ernste nachdenkliche Zeit werden, wo jeder für sich selbst herausfindet, ob die Projekte ihren richtigen Weg gehen und das eigene Verhalten analysiert wird.
Was meine Reisepläne anbetrifft, schweben diese so in meinem Kopf. Es ist aber alles sambisch spontan variabel, mal schauen ob das so klappt. Wäre auf jedenfalls super. Übernachten werde ich bei Backpacker Hotels und bei Freunden.
Meinen Blog möchte ich natürlich nicht so lange ruhen lassen, ich habe fest vor Reiseberichte zu erstatten und in meiner freien Zeit über einzelne wenige Themen nachzudenken, die mir sowieso auf dem Herzen liegen und von denen ich denke, dass sie euch interessieren können. Trotzdem nicht böse sein, falls ich mal für zwei Wochen untergetaucht sein sollte.

Im neuen Jahr übernehme ich die neue sechste Klasse. Ich bin gespannt wie viele Schüler dort drin sein werden, denn eigentlich sollten ja um die dreißig Kinder wiederholen. Würde mich freuen sie wieder zu sehen. Ich werde dann auch in eine neue Familie ziehen, nicht weil diese nicht nett wäre, sondern einfach um andere und umfangreichere Eindrücke des sambischen Lebens zu bekommen. Ich habe den Wunsch geäußert näher bei meinen Schülern zu wohnen, aber mal schauen was daraus wird. Ich bin mir sicher, dass auch die neue Familie mich willkommen heißen wird.
Noch irgendwelche Fragen?
Wenn nicht, dann melde ich mich das nächste Mal von irgendwo anderswo hier aus Sambia.
Bis dahin, alles Gute und genießt die Adventszeit. Von dieser spüre ich hier nämlich leider nichts. Keine Adventskalender, keine Gränze, keine Deko. Nicht einmal die Plätzchen, die meine Mama mir geschickt hat, sind angekommen. Nur der Miniplastikbaum im Wohnzimmer erinnert mich an Weihnachten.
Aber ich will mich ja nicht beschweren, ich glaub mir geht’s auch so ganz gut.

Liebe Grüße
Martin

Donnerstag, 29. November 2012

„Du bist halt hier in Sambia“


Das war die Reaktion meines Schulleiters auf meine Verzweiflung über die schlechten Resultate meiner Schüler. Das lege entweder daran, dass sie noch nicht gescheit lesen können oder das nötige Englisch für die Fragen nicht drauf haben. Ihm würde es ja auch nicht viel anders ergehen und bei mir komme ja noch dazu, dass wir uns erstmal aneinander gewöhnen mussten und ich einen anderen Akzent beim Englisch reden habe. 
Sehr ehrenhaft diese Aufmunterungsversuche, finde ich.  So am Boden wie ich war, auch echt nötig.
Aber mal im Ernst:  36 meiner Schüler haben sich für die 7. Klasse qualifiziert. Dagegen haben 31 weniger als 50% erreicht. Fast 50% durchgefallen. Als Lehrer kann man da nur tottraurig sein. Was habe ich denn die letzten drei Monate gemacht?
Die letzten zwei Wochen war ich sehr beschäftigt mit dem Korrigieren und wer wills mir verdenken, die schlechten Ergebnisse haben mir echt schwer im dem Magen gelegen.
Morgen holen die Eltern die Ergebnisse ihrer Kinder bei mir ab. Zu einigen werde ich wohl länger reden müssen. Ich hoffe nur, dass sie ihre Kinder nicht nur wegen ihrem Alter für die siebte Klasse anmelden werden. Letztenendes sind es nämlich sie, die entscheiden, ob das Kind wiederholen darf oder weitergehen muss.
Richtig berührt dagegen war ich diese Woche, als auch der Schulleiter mir sein Herz ausgeschüttet hatte. Er hört garnicht auf mir zu erzählen,  wie sehr es ihn belastet, die Schüler immer zum Geldholen nach hause schicken zu müssen. Er weiß genau, wie es bei ihnen finanziell gesehen ausschaut, die Schule kann aber ohne Geld einfach nicht unterrichtet werden. Die Lehrer arbeiten schon alle auf Freiwilligenbasis, ohne Vertrag und Sicherheit auf ihr Geld. Diesen Term zum Beispiel haben um die hundert Schüler ihre 4 Euro Schulgebühren nicht bezahlt. Für die Lehrer bedeutet das ihr Dezembergehalt kann nicht bezahlt werden. Also gibt es jetzt erstmal nur die erste Hälfte des Novembergehalts im November und die Zweite dann im Dezember. Gemausert oder weniger gearbeitet, wie an anderen Schulen,  wird deswegen nicht. Die Lehrer sind Lehrer, weil es ihnen Spass macht und sie ein Herz für die Kinder haben. Als Angestellte in einer Firma könnten sie mit ihrem Bildungsstand mehr Geld verdienen. Ich wollte das nur noch mal deutlich machen.
Daraufhin erzählte er mir etwas über die Geschichte der Schule…
Die Schule hatte wohl die letzten Jahre immer mal wieder vom Staat kleine Zuschüsse bekommen und wurde einmal von europäischen Schwestern geführt. Das Schulmotto „Bildung für eine Zukunft“ konnte recht gut verwirklicht werden, die Lehrer wurden weitgehenst von den Spendern bezahlt und die Eltern der Kinder haben nur einen sehr geringen Beitrag dazu geleistet. Daher gab es zu diesen Zeiten auch noch ein Drittel mehr Kinder an dieser Schule. Als sich die Schwestern in den frühen 2000ern aus dieser Schule zurückgezogen haben (vielleicht aus Altersgründen, ich  weiß es nicht), musste entschieden werden, ob, und wie es mit der Schule weitergehen sollte. Die Eltern haben beschlossen, dass sie selbst alle zusammen versuchen, die Gehälter der Lehrer aufzubringen, um so die Bildung ihrer Kinder sicher zu stellen. Somit sind die Eltern jetzt die Eigentümer der Schule. Es wurde ein Elternrat installiert, der über alle finanziellen Fragen im Namen aller Eltern entscheidet. Leider mussten sofort die Schulgebühren erhöht werden und die Schülerschaft wurde kleiner. Ich finde hieran sieht man, welch eine Abhängigkeit unsere Hilfe hervorrufen kann und welche Folgen es hat, wenn man diese dann wieder plötzlich stoppt.
 Seitdem muss das ganze Jahr hinter dem Geld hinterhergerannt werden. Mein Schulleiter fragte mich: „Wie soll denn das Motto erfüllt werden, wenn ich die ganze Zeit Schüler nach hause schicken muss?“ Er beklagt aber das System des Geldhinterherrennens nicht nur, er will tatsächlich etwas daran ändern. Im Treffen mit dem Elternrat in der vorherigen Woche wurde beschlossen, die Schulgebühren für das erste Term zu verdoppeln,  und dafür die des letzten Terms zu streichen. Erfahrungsgemäß haben die Familien anfangs des Jahres mehr Geld zur Verfügung als zum Ende. Dieses Mehr an Geld will mein Schulleiter aber nicht mehr einfach so vor sich hinschmorren lassen. Bei seinem vorherigen Chef musste er sich stets mit ansehen, wie auf Hilfe von aussen gewartet wurde und das vorhandene Geld immer gleich ausgezahlt wurde. Jetzt soll den Eltern geholfen werden, damit das Thema Geld nicht mehr zwischen Ihnen, den Schülern und den Lehrern steht. Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit sind die Schlagworte. Der Plan sieht nun so aus, dass die Schulgebühren zum Kaufen von vielen kleinen Hühnerküken und Pflanzensamen benutzt werden. Platz gibt es für die Hühner und ein Beet genug. Das Gemüse kann dann an die eigenen Familien verkauft werden. Die Hühner sind nach einem Monat schon Schlachtreif, werden verkauft und Neue werden aufgezogen. Das heißt es wird schnell ein Profit gemacht, und die Schulgebühren kehren möglichst zügig zu ihrem eigentlichem Zweck zurück. Das gewonnene Geld stehe dann für Schulmaterial und sonstigen Ausgaben zur verfügung.
Ich wünsche, dass das alles so klappt wie es sich vorgestellt wird. Der Plan muss nur noch von den Eltern und der Gemeindeleitung so abgesegnet werden. Ich persönlich finde den Ansatz super.Wie schön wäre es, wenn die Schule sich ihr eigenes Geld beschaffen könnte. Wer nichts riskiert wird auch nie was erreichen.

Wer sich jetzt fragt, wie denn das Lehrerseminar gewesen ist, von dem ich geschrieben hatte, den muss ich leider enttäuschen. Der Mann, welcher uns dieses Programm eingeladen hat, musste kurzfristig die Stadt verlassen. Eine Freundin von mir, die in der gleichen Organisation arbeitet, ist so gar nicht glücklich mit ihm, da er wohl schon so einiges versprochen hat und somit Chaos anrichtete. Wir finden es natürlich schade, dass das Seminar nicht stattgefunden hat. Es soll aber wohl nachgeholt werden. Mal schauen wann und wie. Zumindest merke ich daran wie doof es ist in der Entwicklungspolitik versprechen zu machen die dann nicht eingeholten werden (gilt auf allen Ebenen; siehe auch Milleniumsziele u.ä.).

Wie es mit mir jetzt weitergeht?
Die freie Zeit in der nächsten Woche möchte ich nutzen um ein paar Schüler zu hause besuchen.  Vor allem natürlich diejenigen, die ich auch nächstes Jahr in der sechsten Klasse wieder unterrichten werde. Außerdem würde ich gerne ein paar Freunde auf ihrer Arbeit begleiten damit ich weiß was genau die hier eigentlich machen.
Alles weitere erzähle ich euch das nächste Mal.
Noch kurz eine Aufmunterung wegen dem eisigen Wetter bei euch. Bei mir werden die Nächte ebenfalls etwas kälter und  es hat angefangen ab und zu echt heftig zu schütten, sodass ich mit meinem Fahrrad klitschnass werde. Also selbst hier sind es nicht mehr nur 30 Grad und Sonnenschein. Ehrlich gesagt, meistens aber schon noch  ;)

Liebe Grüße
Martin 

Freitag, 16. November 2012

Hexerei


Heute würde gerne mal über Hexerei sprechen. Denn ob ihr’s glaubt oder nicht, in Sambia existiert sie wirklich. Nicht jeder, aber so ziehmlich jeder bestätigt mir dies. Sogar Verantwortliche der Diözese glauben daran, obwohl sie es eigentlich nicht dürfen. Jeder weiß, dass sie da ist, wurde mir gesagt. Diverse Verwandte und Freunde von Leuten mit denen ich mich darüber unterhalten habe, sind Zeugen von fliegenden Hexen oder Verfluchungen oder sonstiger Zauberei gewesen. Als mir meine Gastmutter das erste Mal von Hexen erzählt hat, hatte ich größte Mühe mein Lachen zu unterdrücken. Aber es war ihr Ernst. Sie erzählte mir von den sogenannten Hexendoktoren, zu denen viele, vor allem traditionell Sambier gehen, wenn sie schlimme Wehleiden haben. Dieser Doktor würde ihnen dann sagen, wer Verantwortlich dafür ist und dass sie verflucht sind. Hexendoktoren sind Hexen, also wie alle Diener des Täufels, böse. Warum sollte es auch gute Hexen geben?



So stell ich mir ungefähr einen Hexendoktor vor.

Vor dem letzen ManU-Chelsea Spiel erzählte mir mein Gastbruder, wie gefährlich Chelsea wäre, weil Spieler wie Drogba vor Spielen öfters schon bei Hexern gewesen wäre. Ich meinte darauf, dass ich mir nicht vorstellen könnte, wie ein Hexer in Afrika auf dieses Spiel Einfluss nehmen sollte. Aber er meinte klar geht das, ein Hexer könnte auch mich einfach umbringen. Ich meinte, auch das glaub ich kaum. Dann hieß es:“ Martin, du glaubst mir nie was! Schau, du kannst Mama fragen.“ Und die „Antwort? Na klar, du musst aufpassen. Ein Hexer kann ich töten wenn er will!“ Naja, was soll ich machen? Die Autorität der Mutter infrage stellen geht nun mal gar nicht.
In der Zeitung habe ich leider auch einen Bericht entdeckt, wie Nachbarn eine über 90 Jahre alte Frau umgebracht haben. Wer so ungewöhnlich alt  ist, scheint wohl für manche einen Pakt mit dem Teufel eingegangen zu haben und steht somit automatisch unter dem Verdacht eine Hexe zu sein. Gleiches gilt für extrem reiche und berühmte Menschen. Viele Hollywoodstars haben demnach ihre Seele verkauft. Dass Hexen umgebracht werden, ist aber nicht allzu gewöhnlich. Es herrscht ja Angst vor ihnen.
Während man das so liest, kann man ganz leicht traurig und wütend werden. Man könnte sagen: „Dass muss aufhören, ist ja grausam! Jemand muss ihnen die Wahrheit sagen.“ Wichtig zu wissen ist aber denke ich, dass, während uns diese Menschen leidtun, wir ihnen umgekehr ebenso leidtun, weil wir die Wahrheit nicht erkennen wollen und den Hexen schutzlos ausgeliefert sind.  Keine Ahnung wer Recht hat. Ist wohl Ansichtssache.
Ich meinte nur, dass wir Menschen in Europa uns die Dinge erklären können und verstehen müssen, bevor wir daran glauben.
„Wie kannst du dann an Gott glauben?“ Tja, stimmt eigentlich.  Einfach zu sagen, dass das etwas Anderes ist, wäre zu einfach. Logisch und erklärbar ist er ja auch nicht. Definitiv Material zum Nachdenken.
Im Glauben ist der Taufel als die Versuchung generell präsenter als ich es bisher in Deutschland erlebt habe, weil die Bibel viel wörtlicher interpretiert wird. Während wir sagen, dass muss eine Metapher für irgendetwas sein, ist es für viele Menschen einfacher die Texte so zu glauben, wie sie geschrieben sind.
Diese Hexengeschichte erinnert mich stark an das Mittelalter. Die Aufklärung hat mit uns aber anscheinend irgedetwas Gravierendes angestellt, warum wir an so etwas nicht mehr glauben können. Ich bin echt dran interessiert was sich genau in unseren Köpfen verändert hat.
Naja, Alpträume von Geistern oder sonstigen Kreaturen habe ich zum Glück noch nicht. Ich hoffe ihr bekommt jetzt auch keine. Ich glaube nämlich in Europa gibt es keine Hexen.

Liebe Grüße
Martin

Sonntag, 11. November 2012

Erfolgreiche Arbeit?


Showdown. Am Donnerstag fangen die Endjahrestests an. Jetzt wird sich zeigen, on ich den Schülern etwas beibringen konnte oder ob ich sie die lezten 2 ½ Monate umsonst gequält, angetrieben un belehrt habe. Etwas Bammel habe ich ja schon. Mit manchen Schülern bin ich zwar echt zufrieden, weil ich merke, dass sie sich echt Mühe geben. Sie melden sich im Unterricht und machen ihre Hausaufgaben. Einfach schön, so macht das Spaß. Aber bei so vielen habe ich das Gefühl, dass sie mich nicht verstehen. Wenn ich meine Aufzeichnungen von den wöchentlichen Überprüfungen ansehe, dann muss ich fast weinen. Klar, die richtigen Antworten zu geben, wenn man die Fragen nicht versteht, ist nicht ganz einfach. Aber wer sich seine Aufzeichnungen ansieht, müsste doch wenigstens eins, zwei Wörter im Gedächtnis behalten. Viele haben halt auch einfach kein Bock.
Doof ist auch, dass ich versuche von den Kindern ihre eigenen Anworten zu bekommen. Ich übe sehr oft laut vorlesen und bestehe in Mathe auf den Rechenweg. Alle Test bestehen aber immer aus dem doofen Multiplychoice. Das meiste, was ich so unterrichte, findet dort keine Berücksichtigung. Jetzt befürchte ich, dass das Einbläuen der vorgefertigten Antworten für die Resultate effektiver gewesen wäre.  Um das zu verdeutlichen, denkt einfach an die Theorieprüfung für den Führerschein. Auch dort gibt einen Pool von Fragen, aus dem Ausgewählte im Test dran kommen und deren Antworten man einfach auswendig lernen kann. Mein Unterricht ist eher wie die Theoriestunden zuvor. Man kann also die Tests durch auswendig lernen bestehen ohne die allerdings zu verstehen.
Wenn ich mir es recht überlege, wäre es für die, die immer noch nicht in der Lage sind ganze Wörter von der Tafel abzuschreiben geschweige denn Englisch reden, das Beste noch etwas längere Zeit in dieser Schule zu verbleiben. Aber wie ich es schonmal geschrieben hatte, kann man in meiner Schule eigentlich nicht sitzen bleiben.



Mein Gastbruder und ich, nachdem wir unser Abendessen gesichert haben.


Mal was zu den Mädchen meiner Klasse. Ihre Lieblingsbeschäftigung ist es Tag ein Tag aus die Haare ihrer Freundinnen zu kunstvollen Frisuren zu knoten. Bis eine Frisur fertig ist, dauert es gut und gerne 2 Tage, dann laufen sie ein paar Tage so herum, bevor sie wieder mit Wuschelkopf in die Schule zu kommen, bereit für die nächste Frisur. Doof ist nur, dass ihre Kopfhaut manchmal so krass straff gezogen wird, dass sie dauerhaft Kopfschmerzen haben. Gewöhnungsbedürftig ist auch der raue Umgang zwicheneinander. Während man es ja von den Jungs kennt, dass sie sich zur Begrüßung oder aus Spass kloppen, denkt man es von den zärtlichen Mädels ja nicht. Aber sie machen es hier einfach genausoAb und zu bin ich echt von Selbstzweifel geplagt. Ich nehme meine Arbeit zwar total ernst (Ich glaube ernster als mein Abitur), aber ich muss so oft in gelangweilte und fragende Gesichter schauen und dabei schreien, weil es viel zu laut ist. Ich frage mich, was ich falsch mache. Letztens kam aber ein Amerikaner von irgendeiner NGO zu uns an die Schule und hat den Lehrern unseres Viertels eine eintägige Fortbildung angeboten. Dies wurde mit Handkuss von meine Kollegen und mir angenommen. Wir unausgebildeten sind über jede Hilfe froh, die uns einen erfolgreicheren Unterricht verspricht. Das ganze findet nächste Woche statt, ich werde besonders aufpassen und berichten. Das neugelernte anwenden werde ich aber erst im Januar können. Am 30. November schließen die Schulen für einen Monat und ich werde anschließend zu meinem Zwischenseminar nach Tansania gehen. Die Ferien werde ich nutzen, um in das ein oder andere Projekt mir nocheinmal genauer anzuschauenund vor allem herumzureisen.




 Unsere Schulabgänger der siebten Klassen. Die Prüfungen sind glatt verlaufen. Manche Schuluniformen waren vermutlichen von Familienmitgliedern oder Nachbarn ausgeliehen, aber es war Pflicht sie während den Prüfungen zu tragen. Ganz rechts steht ihr Lehrer.

Viele Gruesse
Martin

Donnerstag, 1. November 2012

Abwechslung

Am Samstag morgen um 7:00 Uhr sprang ich auf die Ladefläche unseres gemieteten Pick-ups. Es dauerte keine 5 Minuten, da kramte einer von uns drei hinten sitzenden im herumliegenden Gepäck und das zum Entspannen geplante Wochenende wurde mit einem kühlen Bier angestoßen. 200 km lagen vor uns, bis wir den See Kashiba erreichen sollten. Während sich die anderen sechs im Auto bei 35° nassschwitzten, genoss ich das Gefühl der Freiheit und den kühlen Fahrtwind auf der Ladefläche. Wir machten einen versprochenen Stopp am Grab des vor genau einem Jahr verstorbenen Father Mia, welcher noch immer im ganzen Copperbelt und halb Sambia bekannt ist, weil unzählige Hilfsaktionen über seinen Namen gelaufen sind. Außerdem war er jahrelang verantwortlich für die österreichischen Freiwilligen. 
 
Gegen die bedingungslose Sonne sollte man sich unbedingt schützen.


Dann machten wir uns weiter zu unserem einsamen Ziel. Als wir ankamen, gab es jedoch eine Überraschung: Einige Zelte waren schon aufgebaut. Andere Weiße aus Ndola hat es ebenso zu diesem wunderbaren Ort verschlagen. Aber kein Problem, sie waren nett und der See ja groß genug. Der Anblick des Sees war so atemberaubend wie angenommen. Wir machten Feuer fürs Essen und kühlten uns in dem glasklaren aquamarinblauen Wasser ab. Der See war von Stein umgeben und so bin ich das erste Mal in meinem Leben von Klippen gesprungen (auch wenn diese nur 5-6 Meter hoch waren ;)). Aber es wurde ja noch besser. Denn kurze Zeit später fand ich mich auf einer Steinplattform wieder mit einem Seil in der Hand, welches hoch oben in den Bäumen fest gemacht worden ist. Das Herz war mir schon längst in die Hose gerutscht, aber das Adrenalin hatte meinen Körper schon lange für sich gewonnen. Ich stoß mich ab und schwang über die Felsen zum Wasser. Im hohen Bogen ließ ich los und fiel frei in den auf mich wartenden See. Es war so cool! Ich musste es wieder tun. Und wieder und wieder. Vom Sonnenbrand geschwächt taten mir bald alle Glieder weh. Der Aufprall im Wasser war doch manchmal etwas hart.

 Na, was sagt man dazu? :D

Am späten Nachmittag ging's weiter zu einem Freund mitten im Nirgendwo im Busch, wo er momentan bei seinen Großeltern wohnt. Wir brauchten ja noch ein Schlafplatz für die Nacht. Ich habe noch nie verstanden was einen Menschen dazu bewegt, mitten im Nichts ein Haus zu bauen. Ohne Nachbarn, Einkaufsgelegenheiten oder gescheiten Zufahrtsstraßen muss es doch die Hölle sein. Aber glaubt mir, dieses Aussteigerleben, welches dieses britisch/namibische Ehepaar führt, ist durchaus reizvoll. Es ist das einfache Leben, was sie so erfüllt. Ohne Elektrizität betreiben sie ihre eigene kleine Farm. Die Sonne weckt sie am Morgen und erzählt ihnen wann sie schlafen gehen sollen. Das Wasser zum Kochen wird was einem Eimer im Brunnen gekurbelt. Nur das Auto verbindet sie mit dem Rest der Welt. Und genau dort habe ich das leckerstes Essen seit langem gegessen und frische Milch und gepressten Saft getrunken.
Geschafft vom Tag verfolgte ich in bequemen Liegestühlen den schönen roten Sonnenuntergang....

In der Schule sind gerade Abschlussprüfungen für die siebte Klassen, daher haben alle anderen Klassen frei. Jeden Tag werden zwei Fächer a lá Multiply-choice bearbeitet. Ich werde nur hin und wieder mit meinem Laptop gebraucht oder kümmere mich um das leibliche Wohl der von anderen Schulen gekommenen Aufpasser. Sonst genieße ich eine ruhige Woche.

Liebe Grüße
Martin

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Independence Day

Hallo an alle daheimgebliebenen!

Es gibt mal wieder was zu erzählen.
Was mich hier nämlich wirklich manchmal umhaut ist die sambische Spontanität. Mein Gastvater hat aufgehört im Kongo zu arbeiten und ist wieder zurück zu uns gezogen. Er hatte seine Frau, die Familie, die Freunde und vor allem das Essen zu sehr vermisst. Außerdem konnte er sich weder mit französisch noch mit swahili so richtig anfreunden. Einen Tag bevor er zurück kam, wurde mir das alles mitgeteilt. Dass wir doch nicht umziehen und er eine Arbeit in Ndola gefunden hat. All die Möbel, die wir verkauft hatten, werden jetzt mit dem für den Umzug gesparten Geld durch neue Möbel ersetzt. Und daran kann man auch gleich sehen, wie unterschiedlich Prioritäten gesetzt werden können. Als ich eines Tages nach der Arbeit nach hause kam, stand da einfach – haltet euch fest – ein 40“ Flachbildschirmfernseher im 'Wohnzimmer. Dabei besitzen wir weder eine Waschmaschine, einen Geschirrspüler, eine noch einen Backofen oder Staubsauger. All diese Dinge würden für mich persönlich mehr Lebensqualität bedeuten.
Unserem Haushälter, der sowieso gehen sollte, wurde dann auch morgens gesagt, dass wir in mittags zu seiner Familie fahren und er somit noch am selben Tag bei uns auszieht. Wir haben sogar schon einen neuen Jungen, der diesmal aber nur für den Garten verantwortlich ist. Diese Geschichte geht mir besonders nah. Er ist erst siebzehn und kommt jeden morgen aus dem Armenviertel gelaufen, zu dem ich mit dem Fahrrad fahre um zu unterrichten. Er ist somit ein Jahr jünger als ich, spricht mich aber stets mit „ba Boss“ an. (Klar, hat mir das zuerst sehr gefallen, aber es ist doch eigentlich nicht ganz richtig, oder? )
Er verdient etwa 40 Euro im Monat und hat ohne Bildung und mit gebrochenem Englisch keinerlei Perspektiven je einen viel besser bezahlten Job zu bekommen. Weil er noch minderjährig ist, würde ich ihn gerne wieder nach hause schicken, aber so ist das hier nun mal. Wenn überhaupt die „kostenlose Schule“ (So wird sie vom Staat proklamiert. Tatsache ist aber, dass trotzdem geringe Schulgebühren gezahlt werden müssen.) besucht wird, ist für die meisten nach der siebten Schluss und mit 15 wird schon angefangen unausgebildet zu arbeiten. Wer einen Job als Haushälter in den reicheren Familien bekommt, kann sich sogar noch recht glücklich schätzen.
Meine Familie ist aber weiterhin sehr nett und ich bin froh, dass der Gastvater zurückgekommen ist.

Damit ihr seht, dass ich auch die Wahrheit schreibe. Wir haben sogar etwas ähnliches Wie sky. Auch wenn ich wirklich selten Fernseh schaue, so kann ich mir auch hier unten in Sambia die Champions Leauge oder die gerade so famose Eintracht anschauen.

Liebe ist verboten!
Aus der Schule habe ich auch noch etwas zu berichten.
Ein ganz schön trauriger Tag war, als nach einer Lehrersitzung eine Schülerin und ein Schüler aus der Siebten in das Büro des Schulleiters beordert wurden. Ihr fragt euch sicherlich, was sie angestellt hatten. Sie sind ein Paar, sie lieben sich. Mehrfach wurden sie schon verwarnt, aber immer wieder wurden sie gesehen, wie sie Händchen gehalten haben oder auf dem Schoß des anderen gesessen haben. Jetzt nun, in Anwesenheit des ganzen Lehrpersonals wurde ihnen die allerletzte Chance gewährt. Über eine halbe Stunde wurde auf sie eingeredet, dass sie die Beziehung beenden müssen. Ansonsten werden sie suspendiert und die Eltern informiert. Auch ich musste meinen Senf dazu geben wie böse das ganze sei, nachdem angemerkt wurde, dass ich ja noch gar nichts dazu gesagt hätte. Ausgerechnet ich wurde dann noch als Musterbeispiel genommen, wie man auch als Erwachsener noch alleinstehend sein kann. Im nach hinein habe ich meinen Lehrerkollegen dann schmunzelnd erklärt, dass in deutschen Schulen solch ein Thema definitiv keine Angelegenheit der Lehrer sei. Hier in Sambia aber mit einer dramatisch steigenden Aids-Rate, ist es wahrscheinlich einfach nur das klügste, dass ein jeder mithilft Dummheiten zu unterbinden. Traurig ist es trotzdem. Mit diesem Hintergrund sogar noch viel trauriger.

Damit ihr mal ein typisches sambisches Essen sieht. Im großen Topf ist Nshima zu sehen , daneben fritierte Caterpilla(Schmetterlinge vor dem Entpuppen), Eipflanze und Rapsblätter. Leider weiß ich nicht, warum das Bild hochkant gedreht ist.
Das Bild soll nicht zeigen, dass das Essen hier ekelhaft wäre. Es schmeckt sogar echt ganz gut, wenn es auch ziehmlich ungesund ist. Ich bin nur mächtig stolz auf mich, dass ich ohne zu mosern alles esse. Wer mich aus früheren Tagen kennt, der weiß: ich kann auch anders sein. Hier aber folge ich treu dem Motto meiner Omas. Alles probieren. Und wenns nicht schmeckt, brauch man es ja nicht nochmal essen.

Zur Aids-Aufklärung generell: Hier in Ndola gibt es fast keinen Tag, an dem ich nicht eine Plakat begegne, welches auf die Gefahr von ungeschützten Geschlechtsverkehr hinweist. In allen möglichen öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen sind an den Wänden Poster zu sehen. Generell nimmt der Staat dieses Thema sehr ernst. Auch wenn eine befreundete Entwicklungshelferin mir erklärt hat, dass all dies nur gemacht wird, weil es von ausländischen Geldgebern finanziert wird. Momentan hat er eine riesige Beschneidungswelle initiiert. Durch das staatliche Fernsehen proklamiert, wird für jedermann eine kostenlose Beschneidung angeboten. Dies soll anscheinend die Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung von Aids verringern. Hoffentlich wird dies aber nicht als Freifahrschein von der Bevölkerung aufgenommen. Aids wird wohl trotz aller Aufklärung noch viele viele Jahre ein großes Problem sein und Waisen sowie Halbwaisen hervorrufen.



Aus Anlass des gestrig gefeierten 48. Unabhängigkeitstages möchte ich euch mit dem Grundwissen der sambischen Geschichte ausstatten. Wer Zeit und Lust hat, kann sich ja gerne das Folgende mal durchlesen.

Und zwar haben die im heutigen Staatsgebiet lebenden Menschen bis zum 7. Jh. nach Christus als Jäger und Sammler gelebt.
Um 800 herum entstanden dann Dörfer von Menschen, welche vor allem von der Landwirtschaft lebten und Eisenkunst sowie Handel nach Sambia brachten.
Das in Sambia so reich vorhandene Kupfer wurde um 1000 zum ersten Mal abgebaut.
Ab diesem Zeitpunkt wurden schon Sklaven, Kupfer, Gold und Elfenbein nach Arabien und Asien gehandelt.Ab dem 15. Jh., aber vor allem vom 17. bis zum 19. wanderten die sogenannten Bantu-Völker aus dem Kongobecken in das Gebiet Sambias ein und gründeten ebenso wie die aus Südafrika kommenden Stämme mehrere Königreiche.Zeitgleich betraten mit den Portugiesen nun erste Europäer aus Handelsgründen in das Land ein.1851 erreicht David Livingstone erstmals Sambia, welcher als erster Europäer die Vitoria-Fälle sah. Das Vereinigte Königreich wurde nun aufmerksam auf die Kupferresourcen Sambias. 1888 erwirbt Cecil Rhodes Schürfrechte von lokalen Häuptlingen in Sambia und schon 1890 wird Sambia Teil von Rhodesien. 1923 wird das heutige Sambia unter britischem Protektorat zum eigenständigen Nordrhodesien erklärt.. Der Kupferabbau wurde von den Briten stark vorangetrieben. Doch dann nahmen Streiks wegen Unterdrückung, schlechter Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen zu, welche Klassenkämpferische Dimensionen annahmen.1946 wurde die erste Vorpartei gegründet, die für die gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich unterdrückten Afrikaner gleiche Rechte verlange. Das Ende des 2. WK markierte dann das Ende des Kolonialismus.
Am 24. Oktober 1964 setzte der erste Präsident Sambias Kenneth Kaunda die Unabhängigkeit von Großbritannien durch, Sambia blieb jedoch Mitglied des Commonwealth. Seit dem Erlangen der Unabhängigkeit wurde Sambia daraufhin nach dem Vorbild der Sowjetunion sozialistisch regiert, die große Macht der Kirchen konnte den totalitären Kommunismus verhindern. Die einseitige Ausrichtung der Wirtschaft wurde beibehalten. Perspektiven für die vielen Kleinbauern wurden nicht geschaffen, stattdessen viel mehr die Flucht in die Städte gefördert. Das ging solange gut, wie der Kupferpreis auf dem Weltmarkt hoch und die Exporthäfen erreichbar waren. Ab 1969 übernahm die sambische Regierung die Mehrheiten an den Kupferbergwerken. Die weißen Verwaltungsstäbe wurden durch Sambier ersetzt. Doch anhaltend steigende Korruption und Inkompetenz in Betrieben und Verwaltung untergruben die Fundamente der sambischen Politik.
1973 wurde Sambia zum Einparteienstaat erklärt. Als ab 1975 ein kontinuierlicher Fall der Kupferpreise auf dem Weltmarkt einsetzte, begann sich eine Schraube nach unten zu drehen, die Sambia bis heute am Boden hält. Das BIP fiel seitdem um 30 Prozent. Die Regierung begann, das Land zu verschulden.1984 wurde der erste Fall von AIDS in Sambia berichtet. Seitdem wütet der Virus unkontrolliert im Land.
1990 musste Kaunda nach dem Zusammenbruch der UdSSR die erste demokratische Mehrparteienwahl seit der ersten Republik zulassen. 1991 wurde Chiluba zum neuen Präsidenten gewählt und Sambia kapitalistisch. Auch wenn dies für die Bevölkerung erst einmal neue Lebensqualität durch nie da gewesene Produkte bedeutete, so waren die staatlichen Betriebe der radikalen Marktöffnung nicht gewachsen und es folgten Massenentlassungen und Schließungen. 1995 war die Pro-Kopf-Verschuldung Sambias eine der höchsten der Welt. Seit 2005 steigt der Kupferpreis auf dem Weltmarkt wieder. Neue Bergwerke werden in Betrieb genommen, jedoch sind nur die wenigsten in sambischer Hand. Die Chinesen bringen nicht nur ihr Know-How und die Geräte sondern auch ihre eigenen Arbeiter mit, sodass Sambia nur sehr gering von seinem Kupfervorhaben profitiert. Nach 20 Jahren der durch Wahlbetrug oben gebliebenen Regierungspartei, wurde nun Michael Sata letztes Jahr als neuer Präsident Sambias gewählt. Mal schauen wie er sich so schlägt.

Machts gut
 Euer Martin

Dienstag, 16. Oktober 2012

Alltag

Um 04:45 Uhr werde ich vom Wecker aus meinem tiefen Schlaf gerissen. Ich weiß ganz genau, einfach umdrehen und weiterschlafen bringt nichts. In zwei Minuten wird der andere Wecker losgehen. Und um diesen auszumachen muss ich sowieso aufstehen. Ich drehe mich trotzdem um und lasse die Augen zu. Mein erstes Ziel ist dann am frühen Morgen die Küche, um heißes Wasser für mich und meine Gastfamilie aufzusetzen. Während das Wasser langsam warm wird, schmiere ich mir meine vier Brotlappen mit Butter ein und koche Tee. Dann geht’s ab zum Baden. Wasser aus einem Bottisch schöpfend, sprenkle ich ich meinen ganzen Körper und das halbe Bad nass, seife mich mit Kernseife ein und mache sowohl mich als auch das Bad wieder sauber. Als Lehrer in Sambia sollte man unbedingt ordentlich gekleidet sein. Also ziehe ich mir meine lange Stoffhose an und knöpfe mir mein selbst gebügeltes Hemd (welches aus unerklärlichen Gründen doch immer voll von Knittern ist) zur Hälfte zu, sodass der kühle Fahrtwind so viel von meinem Körper erreichen kann wie nur möglich. Ich werfe noch einen kurzen Blick in meine Unterlagen um mich dran zuerinnen, was ich den Schülern heute eigentlich nochmal beibringen wollte. Ich will ja nichts vergessen mitzunehmen. Vor allem nicht den Schlüssel. Den Schlüssel!!! Wenn ich den nicht mitnehme, werden 65 Schüler vor einem verschlossenen Klassenraum stehen und mich für den grössten Trottel halten. Dieser Druck hat mich aber bisher zum Glück davor bewahrt ihn zu vergessen. Alles in eine Plastiktüte gepackt, spanne ich nun das Paket gekonnt auf den Gepäckträger meines chinesischen Fahrrads und binde es mit alten Gummischläuchen fest; Genauso wie ich es mir von den Sambiern abgeschaut habe.


Solche akrobatischen Meisterleistungen werden gerne mal in den Pausen geübt.

Ich betone deshalb, dass mein Fahrrad chinesisch ist, weil es mir in der kurzen Zeit, in der ich es erst habe, schon so viele Probleme bereitet hat. Allein in der ersten Woche nach dem Kauf war ich viermal! Wieder beim Indergeschäft, wo ich es gekauft hatte. In der Stadt gibt es generell viele Geschäfte in indischer Hand. Wir haben hier sogar ein eigenes indisches Viertel in Ndola. Da die Inder alle Businessmänner sind, leben sie hier schon ein recht gutes Leben und ihre Restaurants sind leider viel zu teuer.
An meinem Fahrrad war auf jeden Fall schon die Bremse gebrochen, der Lenker verbogen, die Pedale verloren und sogar die Gabel gebrochen. Momentan funktioniert es aber, also zurück zu meinem Tag.

Nun endlich, spätestens um sechs Uhr mache ich mich auf den Weg zur Schule. Es ist echt wichtig nicht zu spät zu sein, weil ich sonst den Sonnenaufgang verpasse. Ich fahre nämlich jener roten Sonne entgegen, die gerade am Horizont aufsteigt. Wenn ich bis zu diesem Zeitpunkt noch keine gute Laune habe, dann spätestens ab jetzt. Ich traue mich gar nicht euch Bilder vom sambischen Sonnenaufgang zu zeigen, ihr würdet wahrscheinlich vor Neid in Ohnmacht fallen. Jedem Tag nehme ich mir vor noch 5 Minuten früher aufzustehen, um ihn noch länger genießen zu können. Andererseits ist es aber auch echt eine Qual, wenn der Kopf wie automatisch die ganze Zeit nach oben gezogen wird, während ich eigentlich vor mir auf die Straße schauen sollte, weil da Glasscherben rumliegen. Ich habe mich ja schon über den Straßendienst in Flörsheim aufgeregt, aber hier gibt es halt einfach überhaupt keinen. So kommt's, dass ich mir auch schon zwei Platten eingefangen habe. In der Schule angekommen begrüße ich zuerst den sehr netten Nachtwächter, setze mich dann in den Klassenraum und warte auf die Schüler, damit ich um 6:30 beginnen kann. Wer sich jetzt fragt, warum eigentlich 6:30 und nicht mehr 7:30, das hat einen ganz einfachen Grund. Ich bin jetzt Lehrer und nutze meine neugewonnene Macht über die Schüler aus. Deswegen habe ich die Schule um eine Stunde nach vorne verlegt. Das Leben auf der Lehrerseite macht halt echt irgendwie viel mehr Spaß.
Um bei den Tatsachen zu bleiben: Es war mir fast unmöglich um halb eins noch Unterricht zu machen weil es in dem Klassenraum so heiß ist. Die vier Wände sind nur von einem Wellblechdach bedeckt und diese Gebilde verwandelt sich in der Mittagssonne zu einem Ofen. Die Kinder dösen nur noch vor sich hin, klagen vor Hunger und Kopfschmerzen und keiner kann sich mehr konzentrieren. Also 6:30 nun, damit wir früher aufhören können. Wer zu spät kommt, bleibt ausgesperrt. Es ist schon erschreckend, wie ich einfach die Methoden meiner alten Lehrer kopiere, dabei habe ich sie doch selbst gehasst. Aber ich bin wahrscheinlich eh schon zu meinem eigenen schlimmsten Albtraum mutiert. Disziplin muss halt sein, oder nicht? Und trotzdem werde ich nach jedem Tag von vereinzelten Schülern belagert, die es Schade finden, dass ich nach hause gehe.
Fakt ist, dass der Rohrstock hier doch öfters benutzt wird, als ich am Anfang gedacht hatte. Anfangs besaßen die Schüler noch etwas Angst vor ihrem Außerirdischem Lehrer. Seitdem sie aber merkten, dass von ihm keine Gefahr ausgeht, beschlossen sie ihm ein wenig auf der Nase herumzutanzen. Aber keine Angst, auch wenn ich noch immer Gewalt ablehne, schaffe ich es inzwischen etwas Ruhe und Ordnung hereinzubringen. Ist bei 65 Schülern natürlich immer relativ zu sehen. Aber ich setze eher so auf demütigende Methoden. Einige mussten sich schon die Stunden vom staubigen Boden ansehen oder haben ihre Wangen mit „Lärmmacher“ vollgeschrieben bekommen, damit jeder Bescheid weiß. Ich komme schon zurecht.

Je jünger die Schüler, desdo züggelloser tanzen sie. Hier auf der Feier des Welt-Lehrer-Tages


Mein Schulleiter meint mir aber leider trotzdem helfen zu müssen. Hin und wieder mal kommt er in meinen Unterricht herein, bekommt eine Liste vom Klassensprecher in die Hand gedrückt und bestraft die Nervtöter auf die rohrstöck'sche Art. Ist ja eigentlich echt lieb gemeint, aber ich habe noch nicht die richtigen Worte gefunden ihm zu erklären, dass ich seine Hilfe nicht will ohne ihn dabei anzutasten.
Ich gestalte meine Unterrichtszeiten ansonsten ungefähr so, wie ich es von Deutschland her kenne. Drei Doppelstunden mit 15-20 minütigen Pausen.
Mathe und Englisch unterrichte ich jeden Tag, dazu noch eins oder zwei der anderen Fächer gegen Ende des Tages, weil die Konzentration dann schon längst auf dem Boden liegt. Nachdem der Klassenraum gesäubert wurde, unterhalte ich mich noch kurz mit den anderen Lehrern. Gegen halb eins fängt der lustige Part des Tages an. Auf dem Nachhauseweg laufen mir dann nämlich schreiend die Kinder hinterher. Was ein Glück, bin ich aber schneller als sie. Ich mache kurz einen Stopp um mir ein Wassereis für 8 Cent zu kaufen und zieh mir dabei die Schuhe aus und die Hose hoch. Dieses tägliche Ritual bewirkt Wunder, denn meine Hände entkreiden sich und zugleich werden meine Stimmbänder gesalbt. Zuhause angekommen versuche ich mich als Hausmann. Der restliche Tag vergeht ganz schnell mit Kochen, Spülen und Unterricht vorbereiten. Viel Freizeit bleibt da wirklich nicht. Und man glaubt es kaum, aber als Mustersohn, der ich hier nunmal bin, gehe ich sogar früh ins Bett. Aber das geht bisher in Ordnung.  Umso mehr freue ich mich auf die echt abwechslungsreichen Wochenenden.

Liebe Grüße
Martin

Samstag, 6. Oktober 2012

Dorfleben




Der Insacker neben der Feuerstelle. Sieht doch echt traumhaft aus, oder?

 
Guten Tag!
Auch wenn mein Lehrerleben schon sein einmonatiges Jubiläum gefeiert hat, erlebe ich echt viel außerhalb der Schule, was - wie ich denke - echt Erzählenswert ist. Mein Highlight der letzten Woche war der Besuch eines „richtigen sambischen Dorfes“ gewesen. Nachdem ich die verschiedenen Seiten des Stadtlebens kennen gelernt habe, war ich sofort Feuer und Flamme, als meine österreichischen Freunde mir angeboten hatten mein Samstag in einem entlegenen Dorf ohne Strom und fließendem Wasser zu verbringen. Wir waren mir einem italienischem Priester unterwegs, der in einer nahegelegenen Mission einmal gelebt hatte, und seine Freunde in diesem Dorf besuchen wollte.
Nachdem wir uns etwa eine dreiviertel Stunde lang nördlich von Ndola wegbewegt hatten, verließen wir die geteerte Straße und es ging auf der Piste weiter. Am Straßenrand waren des Öfteren weiter entfernt Häuser zu sehen. Mitten auf dem Weg, der zu diesen führte, konnten wir stehts kleine Gegenstände, wie Tassen, Teller oder Flaschen finden. Diese, so erklärte uns der Pater, zeigen an, ob und was man bei diesen Häusern kaufen kann. Eine stehende Flasche bedeutet zum Beispiel, dass Alkohol gekauft werden kann. Dem entgegen zeigt eine Liegende den Ausverkauf an.
Aus dieser trockenen, weiten Umgebung fuhren wir langsam in den Wald. Der Weg wurde zwar immer dünner und abenteuerlicher, aber nach etwa zwei Stunden kamen wir in dem Dorf an. Einzelne Bewohner waren schon vorraus gelaufen, um den seltenen Besuch in Empfang zu nehmen. Diese eine der 50 Aussenstationen der zuständigen katholischen Gemeinde wird versucht einmal monatlich von einem Pater aufgesucht zu werden. Ansonsten dürften wir die ersten Weißen gewesen sein, die die Kinder dort zu Gesicht bekommen haben. So beeindruckend unser Besuch für sie gewesen sein mag, umso mehr war er es für uns.


Hier ist ein Junge zu sehen, den wir auf unserem Rundgang durch das Dorf getroffen haben. Er ist beim Geschirrwaschen im Bach.


Das Dorf mit vielleicht 800 Einwohnern bestand praktisch aus ganz vielen eigenen kleinen Dörfern. Die meisten Familien leben in Großfamilien zusammen. Das bedeutet, dass es jeweils ein kleines Schlafgebäude für die Mädchen, eins für die Jungs und eins für die Eltern gibt. In der Mitte dieses eigenen Dorfes befindet sich neben der Feuerstelle der „Insacker“, eine kreisförmige Sitzgelegenheit mit Dach, indem sich tagsüber aufgehalten wird. Etwas abseits ist dann die Toilette zu finden. Die Häuser sind ähnlich denen im Armenviertel in der Stadt sehr einfach gehalten.
Bei der Familie, die wir besuchten, sah das ganze dann neben dem kleinen Bach, in dem sich gewaschen und dessen Wasser getrunken wird, und inmitten Schatten spendenden Bäumen extrem idyllisch aus. Diese zwei vielleicht widersprüchlichen Gefühle von Faszination und Mitleid verfolgten mich bei all dein Eindrücken, die ich an diesem Tag bekommen habe.
Direkt nach der Ankunft wurde eine Messe gefeiert, in der eine ganz frischgebackene Nonne, kurz nachdem sie ihre ewige Profess abgelegt hatte, andenklich gefeiert wurde. Ganz ähnlich einer Hochzeit. In dieser zwei stündigen Bemba-Messe, in der ich nur wenige Wörter verstanden habe, wurde richtig schöne mehrstimmige Musik aus den einfachsten Instrumenten gemacht. Aber nicht nur das war es, was diese Messe so besonders und einprägsam machte. Wir waren viel mehr Teil einer traditionellen Zeremonie. Schlangenartig auf dem Boden robbend und mit Tüchern verdeckt wurde der neuen Nonne von ein paar Frauen die Ehre erwiesen. Mit Mehl wurde ihr Kopf gesalbt, eine Ziege wurde ihr gebracht und mit einer Axt um sie herum getanzt. Danach bekam sie klipp und klar gesagt, was nun ihre Aufgaben und Pflichten seien. Zum Schluss wurde noch getanzt.
Danach wurden wir zum Essen eingeladen. Wir saßen im Inneren an einem Tisch mit dem Familienvater und bekamen richtig, richtig gutes Essen. Es war wohl ein Hühnchen extra für uns geschlachtet worden, bekamen dazu aber noch anderes Fleisch, Salate und Gemüse, Erdnüsse, Nshima, Reis und Pommes, wenn ich nichts vergessen habe. Die gesamte Gemeinde allerdings aß draußen im Freien auf dem Boden sitzend Nshima mit Gemüse. Der Pater meinte zu uns, die anderen Dorfbewohner müssten wohl ziemlich neidisch gewesen sein. Nicht aber, weil extra wegen uns solch ein riesiger Aufwand betrieben wurde (die ganze Umgebung sah frisch gekehrt aus), sondern weil sie selbst gerne die Ehre gehabt hätten uns als Gast zu haben.
Die meisten Dorfbewohner sind Selbtversorger, sie planzen Gemüse und Mais an und halten Ziegen und Hünchen. Daher brauchen sie auch sogut wie kein Geld. Manche betreiben jedoch auch Handel zu der nächstgrößeren 16 km entfernten Stadt, sodass mit Öl gekocht werden kann und wenige sogar Handys besitzen, die sie an der zentralen Bar im Dorf aufladen können. Diese hat nämlich eine Solarzelle auf dem Dach.

So Schaut eine der überraschend vielen Kirchen im Dorf aus.


Ansonsten wurden wir noch herumgezeigt, die Schule, die Kirchen, die Wohnhäuser und das Fußballfeld, für welches aber leider kein Ball vorhanden ist, durften wir neben dem Bach begutachten.
Dann ging es auch mit vollgepackten Köpfen, die dieses traditionellere Leben irgendwie einordnen und beurteilen versuchten, nach hause.

Machts gut,
Martin



Dienstag, 25. September 2012

Bilder

Hallooo!
Ich habe eine gute Nachricht für euch. Dank meiner lieben Omas und der sambischen Musikgruppe, die im Bistum Limburg getourt hat, ist meine Kamera nun wieder einsatzfähig. So kann ich Euch jetzt auch visuell einen besseren Eindruck davon geben, wie es hier bei mir aussieht.


Endlich ein Bild von meiner Schule! Das sind die – ich habe nochmal nachgezählt – 65 Schüler in ihrem Klassenraum.


Hier ist der Schulhof zu sehen. Dienstags ist es der Job der sechsten Klasse den Schulhof vor Schulbeginn zu bewässern und zu putzen. Meine Aufgabe ist es aufzupassen, dass das ganze schnell genug und ordentlich genug geschieht. Dabei habe ich das ungute Gefühl wie ein Sklaventreiber zu sein. Ich meine, man stelle sich vor, wie ich als Weißer: „Beeilung, beeilung!“ rufe und dabei schwarze Kinder in gebückter Haltung den Schulhof fegen. Warum ich dabei auf den Rohrstock in der Hand verzichte, den normalerweise die anderen Lehrer mit sich führen, versteht sich glaube ich jetzt von selbst.
Sogar mein Gastbruder meint, das wäre ja Kinderarbeit. In den staatlichen Schulen gibt es Angestellte dafür. Aber solange es die Schulgebühren herunterdrückt, ist es natürlich sinnvoll, dass die Schüler selbst für eine saubere Schule sorgen.
Der große Baum auf dem Bild ist dabei aber besonders fies. Seitdem ich hier bin, fallen täglich die Blätter von den Bäumen, die weggekehrt werden müssen. Es ist wie im Herbst. Und dabei sind es weit über 30 Grad. Schon sehr komisch, oder?




So wie hier in der Schule, wird auch bei den Einwohnern drum herum der Müll im Garten gelagert.
Das geschieht dann solange, bis der Haufen – wie im nächsten Bild zu sehen ist – verbrannt wird.




Diese Bilder sehe ich täglich und daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Dass hier Müll und Gras vor der Haustür und neben der Straße verbrannt wird, scheint aber sonst nur die wenigsten zu stören. Viele andere Möglichkeiten gibt es ja auch nicht, für einen Mülldienst ist kein Geld vorhanden. Also wer auch immer die Umwelt retten will, der sollte sich nicht nur um die Glühbirnen in den Industrieländern sorgen, sondern auch über eine Müllabfuhr in den sogenannten Entwcklungsländern nachdenken.




Extrem stereotypisch, ich weiß. Aber faszinierend sind die Frauen mit den riesigen Bastkörben auf dem Kopf für meine Augen trotzdem.



 

Das sind typische Verkaufsläden, wie man sie überall in der Stadt verteilt sieht. Allesamt verkaufen sie Handyguthaben. Ansonsten haben sie meistens noch Lebensmittel oder Hygieneprodukte, die in der Stadt beim Supermarkt gekauft wurden, im Angebot. Diese Artikel werden dann teurer verkauft. Trotzdem kaufen viele dort ein, da sie sich das Geld fürs in die Stadt fahren sparen.





Ein beispielhaftes Haus in Chipulukusu, dem Viertel rund um meiner Schule.




Zu guter Letzt wollte ich Euch noch die Busse zeigen, von denen ich erzählt hatte. Wie man hier vor dem Einkaufszentrum von Kansenshi (dem Viertel, in dem ich wohne) sehen kann, befinden sich manchmal mehr Busse als Autos auf der Straße.

Bleibt gesund und fröhlich bis zum nächsten Mal,
Euer Martin