Samstag, 9. Februar 2013

Politik


Hallo!

Mir ist zu Ohren gekommen in den deutschen Medien wird zurzeit so einiges über den franzoesischen Militaereinsatz in Mali oder dem Aktivitaeten der El-Kaida in Nordafrika berichtet. Das bewegt mich dazu Euch die politische Situation in Sambia einmal zu erörtern.
Die Auswirkungen dieser Konflikte auf Sambia kamm ich ganz einfach mit drei Worten beschreiben: Es gibt keine. Hier bekkommen wir wirklich nichts von dem mit, was dort oben geschieht. Selbst als im benachbarten Kongo der Buergerkrieg wieder entflammte, war davon hier nichts zu spueren. In den Nachrichten laesst dich lediglich im Auslandsteil etwas darueber finden, gefuehlt ist das alles genauso weit weg wie von Deutschland. Dass die sambische Mentalitaet eher freundlich und friedlich ist, hatte ich ja schonmal erwaehnt. Tatsache ist aber auch einfach, dass es hier vergleichsweise recht wenig Konfliktpotential zwischen den verschiedenen Religionen und Ethnien vorhanden ist. In dem christlich gepraegten Land ist der Anteil von Muslimen und Hindus verschwindend gering.
Stattdessen sind die beiden landesweiten Zeitungen, sowie der einzige sambische Fernsehsender ( alles jeweils staatlich finanziert und kontrolliert)  voll von eigenen kleineren oder groesseren Problemen. Momentan dreht sich alles um die Fussball-Afrikameisterschaft in Suedafrika. Als Afrikameister angereist, waren die Erwartungen an die Truppe, die „Chipolopolo“ gerufen wird, natuerlich hoch. Jeder hoffte auf die Titelverteidigung. Umso groesser die Enttaeuschung, als man nach drei schwachen Unentschieden schon nach hause musste. Das Finale morgen werden sich die, die es koennen, trotzdem anschauen. Die Fussballbegeisterung hier ist durchaus mit der in Deutschland vergleichbar. Das passende Trostpflaster ist uebrigens schon gefunden worden. In der WM-Quali schaut es naemlich gerade ganz gut aus. In Brasilien soll dann wieder richtig durchgestartet werden.
Ansonsten sind die Zeitungen immer voll von irgenddwelchen Parteigeplaenkleln, welche ich persoenlich ziemlich ermuedend finde. In den drei großen Parteien gibt es natuerlich ganz viele wichtige Menschen, die – gefragt oder ungefragt – zu jedem Thema etwas zu sagen haben, sich gegenseitig kritisieren oder sich Skandale leisten. Ganz aehnlich wie in Deutschland.
Was die Menschen aber gerade wirklich beschaeftigt, ist dass die Regierung alles daran setzt die Opposition auszuhebeln und Mundtot zu machen. Wie ernst dieses Thema tatsaechlich ist, kann ich von meiner Position her ueberhaupt nicht einschaetzen. Im Alltag in Ndola bekomme ich nichts davon mit. Zahlreiche Demonstrationen und Protestaktionen wurden bisher von der Polizei unterbunden, welche laut Verfassung loyal zum Praesidenten zu sein hat. Wird sicherlich interessant zu sehen, ob der Praesident Michael Sata seiner autoritaeren Linie treu bleibt, oder doch noch sein demokratisches Gesicht zeigt. Die Leute, mit denen ich ueber ihn rede, werden jeden Falls immer unzufriedener. Letztes Jahr ist er noch mit grossem Beifall Praesident geworden. 20 Jahre lang war zuvor die MMD an der Macht gewesen. 20 Jahre, die solangsam echt nach Wahlbetrug gestunken hatten. Endlich konnte nun Sata mit seiner „Patriotischen Front“ diese Serie brechen. Sata hatte zuvor versprochen in den ersten 3 Monaten seiner Amtszeit eine Million neue Jobs zu schaffen. Das einzige, was von diesem Versprechen uebrig geblieben ist, ist dass er kontinuierlich neue Distrikte kreiert. Diese neuen Distrikte brauchen naemlcih neue Verwaltungen, welche – so sagt man – er in die Haende seiner  Familienmitglieder gibt.
Seit laengerem wartet auch schon eine neue Verfassung darauf in Kraft zu treten. Dieses von Experten ausgearbeitete und von der kirche propagierte Skript verspricht mehr demokratische Elemente wie eine unabhaengige Iudikative, eine Schulpflicht, die Staerkung des Parlaments und eben auch eine Machteinschraenkung des Praesidenten. Womoeglich liegt es daran, dass dieses Papier in den Senken irgendwelcher Regale verschwunden ist.
Woran allerdings in letzer Zeit sehr fleissig gearbeitet gearbeitet wurde, war die Waehrungsreform, die am 1.1.2012 in Kraft getreten ist. Dank der extremen Inflation nach den Marktoeffnungen vor gut zwanzig Jahren zahlt der Sambier seit laengerem schon  5000 Kwacha fuer sein Brot. Um diese Inflation etwas zu verschoenern oder sogar vergessen zu machen, sollten die Preise der Normalitaet angepasst werden. Es wurden kurzer Hand drei Nullen auf den Banknoten gestrichen. Das heisst, neu designtes Geld ist nun im Umlauf, sogar Muenzen wurden wieder gestanzt. Das neue Geld ist von der Bevoelkerung gut angenommen worden und hat sich schon wahnsinnig schnell verteilt. Aber der psychologische Aspekt dieses Geldes ist auch der einzige, der mir einfaellt, wenn ich nach dem Sinn dieses Prestigeprojekts suche. Ob die Reform positive Auswirkungen auf die Wirtschaft hatte, kann ich gar nicht sagen. Die Preise sind groesstenteils gleich geblieben.
Nur fuer mich hat die ganze Geschichte einen bitteren Beigeschmack. Ich bin naemlich jetzt leider kein Millionaer mehr.

Der einzige wirkliche Zwischenfall in meiner unmittelbaren Umgebung von dem ich berichten koennte geschah, als ich gerade am Urlaub machen war. Ein in Ndola lebender Somalier hatte seinen sambischen Arbeiter, der auf seinen Lohn gepocht hatte, auf Grund von Zahlungsschwierigkeiten erschlagen. Daraufhin hatten mehrer Sambier alle somalschen Geschaefte in der Innenstadt gepluendert. Die Innenstadt war danach fuer mehrere Tage tot gewesen. Der betreffende Somalier ist bereits vor Gericht, trotzdem kamen immer wieder Geruechte auf, nach denen die eine oder die andere Seite noch etwas planen wuerde. Eigentlich sit die Atmosphaere aber auch schon wieder entspannt. Um mich muessen sich keine Sorgen gemacht werden.

Ich hoffe, ich konnte Euch einen hiermit einen kleinen Einblick in das alltaegliche politische Geschaeft in Sambia geben. Zu meiner Wohnungssituation schreibe ich heute noch einmal nichts, weil sich noch nichts getan hat. Ich lebe immer noch bei meiner alten Gastfamilie. Es war doch noch nicht alles so geklaert wie gedacht.

Viele Gruesse
Martin