Mittwoch, 30. Januar 2013

Zurueck in der Realitaet

Das Zwischenseminar war so wie ich es mir vorgestellt hatte. Naemlich echt hilfreich. Knapp 30 junge deutsche Voluntaere hatten sich dafuer zusammengefunden, die quer durch Sued- und Ostafrika verteilt sind. Wegen der unterschiedlichen Kulturen, die wir im letzten halben Jahr in Kenia, Tansania, Ruanda, Sambia und Namibia kennen lernen durften, herrschte zwar eine gewisse Multikulti-Atmosphaere, aber allein schon die deutsche Sprache schaffte ein gewisses Stueck Heimat nach Afrika. Zudem haben wir uns in Bagamoyo, der alten  Hauptstadt Deutsch-Westafrikasgetroffen, welches die deutschen Kolonialherren im ersten Weltkrieg an Britannien verloren hatten.
Ich habe dort Menschen getroffen,mit denen ich ganz offen ueber all das redden konnte, was mir auf dem Herzen lag, ohne Angst zu haben, dass es falsch verstanden warden koennte. Seminar ist vielleicht auch einfach das falsche Wort, was in dieser Woche stattgefunden hat. Eine Woche Gruppentherapie wuerde es wohl eher beschreiben. Weil irgendeinen Knacks bekommt hier jeder frueher oder spaeter einmal. Glaube ich zumindest.
Umso wichtiger war es, dass dieser vertraute Raum geschaffen wurde. Dort konnte ein jeder sichergehen, dass er noch ganz normal ist und andere die gleichen Proleme beschaeftigen.
Nach dieser Psycho-Woche ging es mit dem Zug endlich wieder heim. Nach hause. Ins sambische zuhause. Glaubt mir, nach einer so langen Zeit ein ganz ganz komisches Gefuehl.
Nur ein Tag zum wieder ankommen und dann gings auch schon wieder los:





Bilder der Vergangenheit


Erster Schultag nach 2 Monaten Urlaub. Neue Klasse, noch mehr Schueler. 71 sind es momentan. Und nu rein einziger ist aus meiner alten Klasse sitzen geblieben! Aber fuer mein Befinden habe ich mich bisher echt gut geschlagen. Erstmal mich selbst vorgestellt, dann die Regeln abgesteckt und die Namen spielerisch kennen gelernt. Ganz wichtig: die Namen habe ich auch gleich mit Zetteln auf die Tische kleben lassen. Nicht, dass wieder so viele Kinder in der Klasse herumlaufen wie in der Letzten.
Dann noch eine Stunde Mathe und Deutsch hinten dran gehaengt – und siehe da: die Regeln wuerden tatsaechlich weitesgehend eingehalten. Der erste Tag ist echt gut gelaufen. Ich bin eine richtige Autoritaetsperson! Der Unterricht war vom Abwechslungsgrad her echt ok und der Laermpegel erstaunlich niedrig. Man, bin ich stolz. Aber ob ich das die naechsten Wochen weiter so hinkriege?
Wahrscheinlich nur so lange, bis auffliegt, dass ich nicht so gerne bestrafe.
Und dann ist da noch das, was mich so sehr an allem zweifeln laesst. Ich hatte schon mal darueber geschrieben. Ich spreche viel – sehr viel. Besonders zu den schwaecheren Schuelern. Aber anstatt, dass mir Antworten gegeben werde, werde ich nur starr angeschaut. Auf die Frage, ob sie denn Englisch sprechen koennten: Nur Kopfgeschuettel. Manche erkennen beim Abschreiben nicht einmal die Woerter als ein Zusammenhang. Klar, ich rede hier nur von manchen aus der Klasse. Aber diese sin des, die mich so sehr beschaeftigen. Und wenige sin des wahrlich nicht. Mein Daraufeingerede also einfach nur sinnlos? So kommt es mir nun einmal vor, wenn wir eine halbe Stunde fuer die simpelste Aufgabe benoetigen. Nein, so mein Schulleiter. Er, neuer Lehrer der letztjaehrigen 6. Klasse, meint die Schueler haetten sich sehr verbessert. SIe wuerden nun viel selbstverstaendlicher von sich aus auf Englisch antworten. Des spricht zwar entgegen meiner Wahrnehmung, stimmt mich aber versoehnlich mit dem, was ich hier tue. Vielleicht bin ich einfach nicht hier, um ihnen inhaltliche Dinge beizubringen. Das koennte wahrscheinlich einer von hier viel besser. Wenn ich aber nicht aus diesem Grund hier unterrichte, dann vielleicht einfach damit jemand da ist, der den ganzen Tag auf Englisch auf sie einredet und sie somit an die Sprache gewoehnt. So gesehen faellt mir gleich ein wenig Last von den Schultern.
Soweit erstmal wieder von mir. Ich denke ueber meine jetzige Wohnsituation schreibe ich euch naechstes Mal.
Geniesst schoen die Fastnachtszeit, so etwas gibt es hier naehmlich gar nicht.
Liebe Gruesse
Martin

Mittwoch, 16. Januar 2013

Hakuna Matata

Es ist sechs Uhr. Die Sonne faengt an hinter dem Meer zu verschwinden. Und ich versuche so langsam meinen Koerper aus dem Strand herauszugraben. Die Glieder sind schwer vom ganztaegigem Liegen, vom Nichtstuen. Es ist wirklich Zeit zum Aufstehen. Seit 4 Wochen bin ich jetzt im Mammuturlaub und ich bin froh, dass am Donnerstag das Zwischenseminar anfaegt. Endlich werde ich mal wieder meinen Kopf gebrauchen. Ein kurzer Rueckblick:

Am 12. Dezember machte ich mich auf den Weg in die Hauptstadt Lusaka. Es war wie ein Abtauchen in eine andere Welt. Ein Vorbote fuer das, was noch kommen mochte. Die Menschen, die Sprache, die Haeuser, alles war anders. Ich hatte das Gefuehl von Afrika in eine dreckige suedeuropaeische Metropole zu kommen. Ich war ploetzlich im schicksten Einkaufszentrum der Stadt in einem der modernsten Kinos. EIgentlich unvereinbar mit dem Bild, was ich bisher vom sambischen Leben mitbekommen habe. Und als ich ausm Kino herauskam, hatte ich allen Ernstes das Gefuehl gerade aus dem Kinopolis zu kommen und jetzt nach hause in die Duererstrasse 7 gehen zu muessen. Ganz schoen verwirrend.

Mein darauffolgender Ausflug an den Karibasee ziemlich actionreich. Oder besser gesagt die Fahrt dorthin. Den von mir schon so viel beschriebenen Minibus nehmend, hatte ich das Gefuehl eine Achterbahnfahrt gekauft zu haben. Die schoenste Motorradstrecke, mit endlosen Kurven und Huegeln beanspruchte dieser Bus mit der vollen Breite der Strasse. In den Kurven ist er auf der Gegenspur gefahren. Ging es in der Kurve bergauf, wurde lediglich kurz gehupt um dem moeglichen entgegenkommenden Auto eine Warnung zu geben. Fuer mich war das stets das Zeichen die Augen zu schliessen und zu hoffen, dass keiner kommen moege. Nass geschwitzt bin ich am See angekommen, doch dort wurde ich fuer meinen Mut belohnt. Ich hatte zwei sehr entspannte Tage mit wunderbaren Ausblick und besuchte den ehemals fuer lange Zeit geltenden groessten Staudamm der Welt. Dieser wurde noch in der Kolonialzeit gebaut und schuf den Karibastausee, der dreimal so gross wie der Bodensee wurde, einfach aus dem Nichts.

Mit dem Bus bin ich dann als naechstes zu einem der sieben Weltwunder, den Viktoriafaellen gefahren. Eine Reise and die nach den Niagarafaellen zweitgroessten Wasserfaellen Afrikas, kann ich nur unbedingt weiterempfehlen. Nicht nur die Wassermassen, die sich kilometerbreit den Abhang hinunterstuerzen und einen donnernden Rauch verursachen sind so beeindruckend. Es gibt auch ein sehr breites Angebot von Aktivitaeten, sodass einem wirklich nicht langweilig werden kann. Von Touren ueber und unter den Wasserfaellen, zu Bootsafaris, Bungiespruengen und Water Rafting habe ich diese Angebote auch moeglichst voll ausgenutzt.


Der sambische Abschnitt der Faelle. Dort drueben wo der Rauch zu sehen ist, sind die Haupfaelle auf simbabwischem Staatsgebiet.




Ganz schoen knapp war`s. Beinahe waere ich die 120 Meter nach unten gestuerzt.


Mein Weihnachten dagegen war eher von Heimweh gepraegt. Weihnachtsstimmung wollte mir bei einfach nicht aufkommen. Mit 3 anderen Freiwilligen war ich zwar abends gut essen gewesen, ich bin aber auch recht frueh ins Bett gegangen, weil am 25. der Zug nach Tansania gefahren ist. Diese dreitaegige Zugfahrt war besser zu ertragen als ich es mir vorgestellt hatte. Mit eigenem kleinen Bettchen und vielen Kartenspielen im Speisewagon ging die Zeit schnell vorrueber. Ausserdem gab es die Moeglichkeit beim aus dem Fenster schauen die sich zunehmens veraendernde Landschaft zu begutachten. Den wildernen Busch und den Maisfeldern in Sambia ersetzten nun zahllose Zuckerrohr-, Bambus-, Bananen- und Kokosnussfeldern. Die Doerfer neben den Feldern blieben groesstenteils gleich, nur meinte ich den arabischen Einfluss anhand der steinernden Haeuser und den dafuer benutzten Saeulen zu erkennen. Auch die Waren, die die Marktfrauen durch die Zugfenster an Haltestellen verkauften, veraenderten sich. Es kamen immer mehr Fruechte und Nuesse dazu, ploetlich wurde mir das Fleisch am Spiess angedreht und die Backwaren sahen anders aus. Das auffallenste aber war, dass die Frauen anfingen nur noch im Kopfteuchern verschleiert herumzulaufen. Die Maenner trugen ihre Gebetsmuetzen und es wird kein Englisch mehr verstanden. Alle sprechen nur noch Swahili.



Meine erste freie Elefantenfamilie


In der Millionenstadt Dar-es-Salaam angekommen, machte ich mich sofort mit der Faehre rueber auf die Trauminsel Sansibar im indischen Ozean. Diese besticht mit einer richtigen steinernden Altstadt als Zentrum. Die erste dieser Art, die ich in Afrika bisher gesehen habe. In den verwinkelten Gassen, umrahmt von vierstoeckigen heruntergekommenen Altbauten habe ich mich gleich hundert Jahre zurueckversetzt gefuehlt. Nachdem ich auf einer Beachpartz erfolgreich ins neue Jahr gestartet bin und im Inselinneren dort war, wo der der Pfeffer waechst, habe ich mich auf die Suche nach dem schoensten Strand der Insel gemacht. So bin ich die letzten anderthalb Wochen vom einen zum anderen Strand geklappert und bin so immer weiter im Sand versunken. Es herrscht eine unglaubliche Hitze auf Sansibar. Und diese Hitze macht faul. Extrem faul. Die mit Abstand haeufigst gesagten Woerter hier sind: "Hakuna Matata". Sprich, "Mach dir keine Sorgen, Relax." Und das habe ich getan.



Nur einer der vielen Straende auf Sansibar



Und hier ein Sonnenuntergang

Jetzt bin ich wieder am Anfang meines Berichts angelangt. Ich habe mich fuers erste satt gesehen und freue mich auf den Austausch mit den anderen Freiwilligen, was mir hoffentlich viel fuer die in gut zwei Wochen anfangende Arbeit bringt.

Habt ihr auch einen guten Start ins neue Jahr gehabt? Ich habe gehoert es waren ja aehnliche tropische Temperaturen gewesen wie bei mir, da werde ich bestimmt nicht der einzige gewesen sein, der mit Badehose aufs neue Jahr angestossen hat.
Also, in dem Sinne: Prost Neues!
Liebe Gruesse


Martin