Dienstag, 25. September 2012

Bilder

Hallooo!
Ich habe eine gute Nachricht für euch. Dank meiner lieben Omas und der sambischen Musikgruppe, die im Bistum Limburg getourt hat, ist meine Kamera nun wieder einsatzfähig. So kann ich Euch jetzt auch visuell einen besseren Eindruck davon geben, wie es hier bei mir aussieht.


Endlich ein Bild von meiner Schule! Das sind die – ich habe nochmal nachgezählt – 65 Schüler in ihrem Klassenraum.


Hier ist der Schulhof zu sehen. Dienstags ist es der Job der sechsten Klasse den Schulhof vor Schulbeginn zu bewässern und zu putzen. Meine Aufgabe ist es aufzupassen, dass das ganze schnell genug und ordentlich genug geschieht. Dabei habe ich das ungute Gefühl wie ein Sklaventreiber zu sein. Ich meine, man stelle sich vor, wie ich als Weißer: „Beeilung, beeilung!“ rufe und dabei schwarze Kinder in gebückter Haltung den Schulhof fegen. Warum ich dabei auf den Rohrstock in der Hand verzichte, den normalerweise die anderen Lehrer mit sich führen, versteht sich glaube ich jetzt von selbst.
Sogar mein Gastbruder meint, das wäre ja Kinderarbeit. In den staatlichen Schulen gibt es Angestellte dafür. Aber solange es die Schulgebühren herunterdrückt, ist es natürlich sinnvoll, dass die Schüler selbst für eine saubere Schule sorgen.
Der große Baum auf dem Bild ist dabei aber besonders fies. Seitdem ich hier bin, fallen täglich die Blätter von den Bäumen, die weggekehrt werden müssen. Es ist wie im Herbst. Und dabei sind es weit über 30 Grad. Schon sehr komisch, oder?




So wie hier in der Schule, wird auch bei den Einwohnern drum herum der Müll im Garten gelagert.
Das geschieht dann solange, bis der Haufen – wie im nächsten Bild zu sehen ist – verbrannt wird.




Diese Bilder sehe ich täglich und daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Dass hier Müll und Gras vor der Haustür und neben der Straße verbrannt wird, scheint aber sonst nur die wenigsten zu stören. Viele andere Möglichkeiten gibt es ja auch nicht, für einen Mülldienst ist kein Geld vorhanden. Also wer auch immer die Umwelt retten will, der sollte sich nicht nur um die Glühbirnen in den Industrieländern sorgen, sondern auch über eine Müllabfuhr in den sogenannten Entwcklungsländern nachdenken.




Extrem stereotypisch, ich weiß. Aber faszinierend sind die Frauen mit den riesigen Bastkörben auf dem Kopf für meine Augen trotzdem.



 

Das sind typische Verkaufsläden, wie man sie überall in der Stadt verteilt sieht. Allesamt verkaufen sie Handyguthaben. Ansonsten haben sie meistens noch Lebensmittel oder Hygieneprodukte, die in der Stadt beim Supermarkt gekauft wurden, im Angebot. Diese Artikel werden dann teurer verkauft. Trotzdem kaufen viele dort ein, da sie sich das Geld fürs in die Stadt fahren sparen.





Ein beispielhaftes Haus in Chipulukusu, dem Viertel rund um meiner Schule.




Zu guter Letzt wollte ich Euch noch die Busse zeigen, von denen ich erzählt hatte. Wie man hier vor dem Einkaufszentrum von Kansenshi (dem Viertel, in dem ich wohne) sehen kann, befinden sich manchmal mehr Busse als Autos auf der Straße.

Bleibt gesund und fröhlich bis zum nächsten Mal,
Euer Martin

Sonntag, 16. September 2012

Zwischen Ernüchterung und Verzweiflung

Hallo allerseits,
Ich komme nun endlich dazu von der Arbeit in meiner Schule zu berichten. In der ersten Woche sollte eigentlich der alte Lehrer der sechsten Klasse den Unterricht fortführen und ich zuschauen, damit ich weiss wie der Unterricht dort so abläuft. Tatsächlich aber ist der Schulleiter kurzfristig bis November nicht da, und dieser eine Lehrer muss jetzt Schulleiter spielen. Ausserdem wird in der ersten Woche hauptsächlich die Schule von den Schülern geputzt und der Stoff des letzten Terms wiederholt. Insgesamt hat also in der ersten Woche eine ganze Stunde Mathe stattgefunden. Am Montag dieser Woche wurde mir dann nochmal tatkräftig geholfen und seit Dienstag habe ich nun den Spass mit den 60 Schülern. Die Altersspanne ist krass hoch in der Klasse, die Jüngsten sind 12 und der Älteste 17. Ich bin übrigens 18 und unterrichte eine sechste Klasse. Die Kinder wurden zum Teil deswegen so spät eingeschult, weil sie zu hause einfach gebraucht wurden oder niemand die Schulgebühren gezahlt hat. Niedlich anzuschauen sind sie ja, wie sie zu dritt gequetscht auf den 22 Schulbänken hocken und mich erwartungsvoll anstarren. Das ändert aber nichts daran, dass wir ein noch grösseres Kommunikationsproblem haben, als ich ursprünglich angenommen hatte. Die erste Herausforderung ergab sich schon als ich nach ihrem Namen fragte. Typische Reaktionen waren: Mich fragend anstarren, Kopf hinter den Armen verstecken oder lautlos die Lippen bewegen. Und immer wenn ich näher kam, wurde noch leiser gesprochen. Ich glaube daran sieht man, dass es für die Schüler nicht ganz einfach ist, jetzt einen weissen Lehrer zu haben und die Unkenntnis über einander eine ziehmlich grosse Barriere ist, die erstmal überwunden werden muss. Ein weiteres Beispiel dafür ist, wenn ich mit meinem Fahrrad in der Gegend unterwegs bin. Dann werde ich alle paar Sekunden gegrüsst, mir wird nachgeschrien und Kinder rennen mir hinterher. So eine Attraktion bin ich. Es gibt zwar einige andere Weisse in der Stadt, aber die haben entweder keinen Grund in das Armenviertel zu gehen oder sind meistens mit dem Auto unterweg. Unglaublich also, dass ich auch ein ganz normaler Mensch bin und laufen und Fahrrad fahren kann.
Also, wenn jemand wer kennt, der Aufmerksamkeitsdefizite hat, sollte ihn einfach in den Flieger nach einem sambischen Armenviertel setzten. Dort müsste er sich dann pudelwohl fühlen.

Die Klasse gibt ein recht gewöhnungsbedürftiges Bild ab. Mädchen mit säuberlichen Schuluniformen sitzen neben Jungs, die regelrechte Lumpen anhaben. Zum Glück ist es in Sambia echt heiss, weil so oft wie ich hier St. Martin spielen müsste, geht einfach nicht. Ich habe selbst nicht genug Kleidung um allen was gescheites zum Anziehen zu geben. Und dabei gibt es auf dem Secondhandmarkt Hosen für umgerechnet einen Euro.
Als ich aus menschlichen Gründen mal die Schultoilette aufsuchen wollte, bin ich bis auf fünf Meter herangegangen und dann angeekelt umgedreht. Ich befürchte, dass es hier, wie es in dieser Gegend nun mal üblich ist, kein Abwassersystem gibt, sondern einfach Löcher gegraben wurden, in denen die Fäkalien vor sich daherleben. In den Wohnhäusern wird normalerweise Maismehl drüber gekippt, was den Gestank echt gut abdeckt. Diese Toiletten würde ich aber einfach als unmenschlich beschreiben.

Meine Vorbereitungen für die Schulstunden gebe ich morgens um sieben dem übrigens sehr netten momentanen Schulleiter und dieser segnet sie ab. Bisher war er sehr zufrieden mit mir. Dann bewachen wir die Schüler bis halb acht, während sie den ganzen Schulhof und teilweise die Klassenzimmer fegen. Eine 20-minütige Pause gibt es um zehn nach zehn. Um halb eins ist die Schule dann aus und ausgewählte Schüler kehren und putzen wiederrum das Klassenzimmer. In dieser Zeit war es mir bisher nicht möglich mehr als 3 Fächer zu unterrichten, da einfach alles unglaublich lange dauert. Das liegt hauptsächlich an den sprachlichen Mängeln. Ein paar sprechen fliessend und verstehen sehr gut Englisch, können es auch schreiben. Die meisten eher gebrochen. Aber um einzelne mache ich mir echt Gedanken, weil ich sie noch so gut wie kein Wort habe sprechen hören.
Der erste richtige Schock traf mich, als ich feststellen musste, dass niemand in der Klasse dazu fähig ist, schriftlich zu dividieren. Und das, obwohl sie es vor ein paar Monaten gelernt haben sollten.
Auch war es mir nicht möglich einen Satz zu diktieren, da niemand wusste was er aufschreiben soll. Jedes Wort musste einzelnd buchstabiert werden. Jedoch wurden einfachste Worte wie „because“ oder „they“ teilweise falsch buchstabiert. Auch konnten mir einfachste Fragen über eine Geschichte, die ich mehrmals langsam vorgelesen habe, nicht beantwortet werden. Die Antworten müssen vordiktiert und an die Tafel geschrieben werden, nur so hat der Unterricht Erfolg.

Das mag sich jetzt vielleicht alles danach anhören, dass die Schüler einfach geistig nicht dazu in der Lage wären zu lernen, dem ist aber natürlich nicht so. Die Ursache des Problems ist einfach, dass sie keine Bücher besitzen. Ich meine, wie soll ein Kind lesen lernen oder üben, wenn es weder zuhause noch in der Schule Schulbücher verwenden kann? Zum von der Tafel abschreiben, braucht man kein Englisch können und die Mehrheit lernt es davon auch nicht. Dazu kommt noch, dass die schwachen Schüler aber nicht Wort für Wort abschreiben, nein, nach zwei Buchstaben muss an die Tafel geschaut werden, weil die Wörter oder deren Bedeutung einfach nicht gekannt werden.
Ich als Lehrer besitze die einzigen Bücher. Nach dem ersten Tag bin ich nach Unterrichtsschluss in der Lehrmittelfreiheit gegangen um zu prüfen wie viel Bücher da sind. Aus der unvorhandenen Ordnung, die in den zwei Schränken herrscht, konnte ich 6 Mathe- und Englischbücher entzaubern. 6 Bücher für 60 Schüler. Weder die Schüler noch die Schule hat ausreichend Geld um ansatzweise ausreichend Bücher für die Klasse zu kaufen.

Viele der Schüler sind zwar auf dem Papier in der sechsten Klasse, sollten es meiner Meinung nach aber auf keinen Fall sein. Wenn sie jetzt noch nicht gescheit lesen und schreiben können, oder ihnen Grundrechenarten fremd sind, wie sollen sie nächstes Jahr ihren Abschluss machen? Und dann werden sie entlassen ohne je wieder eine Schule zu besuchen? Und wie soll ich ihnen denn überhaupt den Stoff der sechsten Klasse näherbringen, wenn sie die nötigen Vorkenntnisse nicht besitzen und mich nur kaum verstehen?
Das deutsche System mit dem Sitzenbleiben kommt mir um einiges sinnvoller vor, als einfach jeden mit zu schleppen, wie es hier gemacht wird. Auch wenn es für die, die es betrifft natürlich lästig sein muss alles zu wiederholen, falls man nur in einem Fach schlecht war. Aber die Defizite werden ja nicht gerade kleiner vom Ignorieren.

Ein weiteres Problem ist, dass mir in der letzten Wochen mehrfach die Schüler eingeschlafen sind. Ich nehme das mal nicht als Beleidigung meines Unterrichts auf, sondern höre auf den Schulleiter, der meinte, es liege daran, dass viele Schüler bis spät abends und auch morgens in der Früh zuhause arbeiten müssen. Viele leben bei Verwandten, da ihre Eltern teilweise oder ganz schon verstorben sind und müssen daher mehr als sonst zuhause arbeiten. So können sie sich in der Schule aber natürlich nicht gescheit konzentrieren.
Positiv überrascht hat mich dagegen der liebevolle Umgang der Lehrer mit den Schülern. Anstatt dem distanziertem Schüler-Lehrer-Verhältnis wie man es aus deutschen Schulen kennt, herrscht hier eher eine freundschaftliche Atmosphäre. Es wird gesungen und gespasst. Rohrstöcke bzw. -schläuche sind zwar vorhanden und werden manchmal in der Hand gehalten, aber ich habe bisher nicht den Eindruck, dass sie benutzt werden. Die Anwendung von körperlicher Gewalt an Schülern ist auch von von staatlicher Seite verboten, wird aber generell trotzdem praktiziert, wenn man meinem Gastbruder Glauben schenkt, der wohl schon Einiges abbekommen hat.

Auch wenn man heutiger Blogeintrag eine sehr negative Sicht der Dinge wiederspiegelt, darf man aber nicht vergessen, dass diese Schule kein Geld vom Staat oder anderen Spendenquellen bekommt. Nur die Gemeinde, die selbst aus diesen armen Menschen besteht, versucht die Schule zu finanzieren und muss sich natürlich selbst mit Geldproblemen auseinandersetzten. Die Lehrer arbeiten hier für einen Hungerlohn, um den Unterricht möglich zu machen. Gäbe es diese Schule nicht, würde der Grossteil dieser 400 Schüler überhaupt keine Chance auf Bildung haben.
Ich habe einfach meine momentanen Eindrücke niedergeschrieben und auf Euphemismen verzichtet, da mich diese Situation doch manchmal echt nachdenklich stimmt. Dann tut es aber gut, mit meiner Gastmutter oder den anderen Freiwilligen vor Ort drüber zu reden oder sich abzulenken.
Das hat den Nebeneffekt, dass ich mich hier zunehmends wohler fühle.
Also, ich hoffe ihr habt euch bis hierhin durchgebissen, Bilder gibt’s diesmal leider keine, da ich mein Kameraladegerät in Deutschland gelassen habe. Mal schauen wie ich das regele.
Macht's gut, schöne Grüsse an alle

Martin

Sonntag, 9. September 2012

Ende der Orientierungsphase

Hallo an alle!
Ich hoffe es geht euch gut?

Bevor ich anfange von meinen ersten Erfahrungen in der Schule zu berichten, würde ich noch gerne von zwei Programmen der Diözese erzählen, die ich während der Orientierungsphase kennen gelernt habe, um euch einfach einen besseren Überblick über die Bevölkerung zu geben.

Und zwar waren wir in der letzten Woche unterwegs mit der - ich würds mal als AIDS und Kinderabteilung übersetzen. Mit Mitarbeitern dieser waren wir an einem Tag auf dem Weg zu einer Stadt direkt an der kongolesischen Grenze. Die Straße auf dieser anderthalbstündigen Reise war in so katastrophalem Zustand, dass bestimmt schon Menschen vom einfachen Befahren Genickbrüche bekommen haben. Zum Schutz unserer Genicke fuhren wir oft neben der Straße im Gras anstadt auf dem bröckligen Teer. In diesem Ort fand ein Freiwilligentreffen statt, ganz ähnlich wie ich es schonmal beschrieben hatte. Diesmal aber ging es um diese Freiwilligen selbst.Und zwar war es das erste Treffen eines dreitägigen Seminars, in dem die vielen Frauen und zwei Männer Tipps zur Einkommenssteigerung bekommen sollten.

Nach der Vorstellungsrunde wurden wir in Kleingruppen aufgeteilt mit der Aufgabe über die jeweilige momentane finanzielle Situation nachzudenken und seine Probleme aufzuschreiben. Dazu sollten wir eigene Ideen zur Verbesserung der Situation entwickeln und unsere Erwartungen des Seminars erläutern.
Dies alles wurde dann in der Großgruppe zusammengetragen. Fast alle Frauen haben als ihre Finanzquelle ihren Mann angegeben. Darüber hinaus verkaufen sie allesamt eine Kleinigkeit auf dem Markt. Mit Abstand die meisten Obst und Gemüse, wenige andere Backwaren. Dass das Berufsfeld so stark auf die Landwirtschaft beschränkt ist, ist irgendwo schon erschreckend. Viel erschreckender wurde es allerdings noch als es dann zu den Problemen ging. Wirklich jeder Teilnehmer hat die Schulgebühren für die Kinder angegeben. Die Schulgebühren für eine Gemeindeschule beträgt umgerechnet alle drei Monate etwa 4 Euro. Für staatliche Schulen sind es teilweise mehr als 100 Euro. Als ich dran war meine Probleme mit den anderen zu teilen, habe ich erstmal nachdenken müssen, um dann zu sagen, dass ich keine Probleme hätte. Dabei war mir extrem unwohl, aber mir ist einfach kein Problem eingefallen, womit ich die anderen nicht lächerlich gemacht hätte. Wenn es um Hunger und um die Zukunft der Kinder geht, fand ich hätte Heimweh einfach nicht so gepasst.
Andererseits ist es natürlich schön zu sehen welch hohen Stellenwert die Bildung der Kinder in den Augen den Erwachsenen hat.
Die Ideen und Erwartungen waren natürlich Tipps zu bekommen für die Landwirtschaft und den Verkauf. Den Frauen wünsche ich auf jedenfall blühende kleine Geschäfte, dass alle ihre Kinder die Schule besuchen können.

Immer wieder wird zur Auflockerung getanzt oder gespielt.

In einem anderen Seminar haben Teresa und Ich am Ende der vergangenen Woche teilgenommen. Angestellte der Diözese wurden auf Workshops vorbereitet, die sie mit armen Kindern und deren Eltern durchführen werden. Weil wir sehr viele Rollenspiele gespielt haben, denke ich in diesem ultraschicken Hotel einiges für mein Lehrerdasein gelernt zu haben. Mit den anderen recht jungen Teilnehmern haben wir uns super verstanden und so wurden wir dann auch abends zur Abschiedsparty eingeladen. Da wir als Ehrengäste dort waren, wurden nun zum ersten Mal unsere Tanzkünste abgefragt. Es wurde ein schöner Abend.

 
Das Programm legt viel Wert auf spielerisches Lernen für die Kinder. Das kommt mir echt sehr entgegen :)
Da mein Gastvater jetzt schon in den Kongo gezogen ist, und der kleinere Bruder wieder in in der Schule in Kitwe, sucht meine Familie seit kurzen eine kleinere Bleibe. Um Geld zu sparen wurde auch der Haushälter entlassen und so suchen wir nach einer Wohnung für uns drei Verbliebenen. Wir bleiben aber auf jedenfall in Ndola. Das Haus gleicht seit dieser Entscheidung einem Kaufhaus, täglich schneien Leute vorbei, die unseren Herd, die Couch und den Fernseher kaufen, damit wir weniger Zeugs beim Umzug schleppen müssen. Mein Bett wird zum Glück noch nicht verkauft, ich kann also weiterhin beruhigt einschlafen.
Es gibt noch jede Menge zu erzählen, die Schule hat ja schon angefangen, aber komischer Weise hänge ich mit dem Schreiben im moment etwas nach, da sich die Wochenenden jetzt doch langsam mehr und mehr füllen.

Ich habe noch was nur so zwichendurch ohne Zusammenhang:
Mein Bruder hat sich gestern ziehmlich drüber lustig gemacht, dass Forscher behaupten der Mensch stamme vom Affen ab. Die wären wohl irgendwo kaputt im Kopf sowas zu sagen. Gott habe den Menschen als sein Abbild geschaffen und Gott sei ja bestimmt kein Affe. Er meinte die Forscher, die sowas behaupten würden wahrscheinlich nichtmal die neunte Klasse bestehen. Ich fand das ganz lustig, vielleicht lacht ja jemand mit mir.

Viele Grüße
Euer Martin

Sonntag, 2. September 2012

Die erste Malaria

Hallo ihr Lieben!
Der Grund für meine Abwesenheit im Blog hat einen Namen: Malaria.
Nachdem ich unter der Woche mit aushaltbaren Kopf- und Magenschmerzen zu kämpfen hatte, ging es dann recht plötzlich in der Nacht Berg ab mit mir. Es kamen Fieber, Gliederschmerzen, Übelkeit und Durchfall hinzu, am nächsten Morgen für mich meine Gastmutter dann ins Krankenhaus. Die haben mich dann gleich dortbehalten. Sorgen müssen sich aber keine gemacht werden. Denn nach mehreren Spritzen in die Arme und in den Allerwertesten ging es mir bald aber auch schon besser. Ich war alleiniger Patient in einem Doppelzimmer eines privaten Krankenhauses. Ich habe mich sicher dort aufgehoben gefühlt, denn die Hygienestandarts waren echt europäisch. Auch von Seiten der Diözese, Teresas und meiner Gastfamilie wurde sich liebevoll um mich gekümmert. Dreimal täglich haben sie vorbeigeschaut!
Mit einem großen Lunchpaket voll Medikamente wurde ich gestern dann entlassen und kann am Montag nun Gesund mit meiner Arbeit in der Schule beginnen.
Um meine Versäumnisse aufzuarbeiten schreibe ich euch nun den Bericht der letzten Woche:

Na, wer kann die Giraffen von den Bäumen unterscheiden?
 

Eine eher ruhige Woche liegt nun hinter mir. Da Patrick dank einer Malaria (jaja Nachmacher, ich weiß) flach liegt, sind eins, zwei Programmpunkte ausgefallen. Laut seiner SMS, die er mir eben geschrieben hat, geht es ihm aber Gott sei Dank wieder besser. Die freie Zeit konnte ich nutzten, um mich in die Schulbücher der sechsten Klasse schon mal einzulesen, die ich am Montag bekommen hatte. Zuvor wurde ich schon vom Schulleiter eingewiesen wie ich die Schulstunden, Wochen- und Trimesterpläne zu dokumentieren habe. Das ist ganz schon viel Schreibarbeit kann ich euch sagen. Es gibt feste 1-2 seitige Muster, wie ein solcher Plan auszusehen hat. Da die Schule aber weder ein Computer, noch ein Kopierer besitzt, muss dieses Muster für jede einzelne Schulstunde neu abgeschrieben werden.
In Zukunft werde ich aber wohl genügend Zeit haben auf diese Weise nachmittags meinen Unterricht vorzubereiten. Die Schule startet nämlich für mich tatsächlich um sieben Uhr, dafür dürfen die 60 Schüler der sechsten Klasse und somit auch ich, schon um halb eins nach hause gehen.
Der zu unterrichtende Stoff hält sich finde ich vom Schwierigkeitsgrad echt in Grenzen. Die größten Aufgaben, die es zu bewältigen gibt wird wohl die Sprache und ebenso das pünktliche Erscheinen meinerseits sein.
Die Sprache deswegen, weil die Schüler aus Familien kommen, in denen zuhause kein Englisch gesprochen wird. Dazu wird, laut dem Herrn Schulleiter, mein Akzent eine weitere Herausforderung darstellen.
Die Pünktlichkeit ist aus anderen Gründen ein Problem. Bei meinen bisherigen drei-vier Besuchen der Schule war ich jeweils wegen den Bussen zu spät dran.
In Ndola gibt es nämlich keine Busse, die sich an Fahr und Zeitpläne halten, wie wir es in Deutschland gewohnt sind. Nein, hier stellt man sich einfach an eine Bushaltestelle an der Hauptstraße in der Hoffnung, dass irgendwann ein Bus erscheinen wird. Und tatsächlich, selten muss man eine Minute warten, dann kommt ein hupender Bus angerauscht, aus dem ein Mann rausschreien wird, ob man denn mitfahren will. Danach also steigt man in den etwa Opel-Vivaro-großen Bus, aus dem laute Musik dröhnt. Es werden wahrscheinlich schon etwa 15 Leute drinnen sitzen, aber einen Platz in irgendwelchen Ritzen findet man eigentlich immer. Mitten in der Fahrt gibt man dann dem aus dem Fenster schreienden Mann das Geld. Soweit macht das ganze auch echt Spaß.
Das Problem ist nun, dass, wenn ich zur Schule möchte, im Stadtzentrum einmal Umsteigen muss. Dort hin, komme ich prima in 20 Minuten. Angekommen, setzte ich mich in den neuen Bus, der schon bereit steht, um mich zur schule zu fahren. Dieser wird allerdings erst losfahren, sobald alles Plätze belegt sind. Und da, morgens nur die wenigsten in das Armenviertel hinein wollen, sondern die meisten eher raus um irgeneiner Tätigkeit nachzugehen, dauert es also ca. eine Dreiviertelstunde bis sich dieser Bus überhaupt in Bewegung setzt. Da ich natürlich wenig Lust habe, jeden morgen mich um fünf Uhr auf den Weg zu machen, habe ich beschlossen mir ein Fahrrad zu kaufen.
Zuerst hatte ich da an ein Secondhandrad gedacht, da diese ja nunmal billiger sind. Also habe ich es in einer kleinen Fahrradreperaturhütte am Straßenrand, nicht weit entfent von meiner Schule versucht. Nachdem ich dort zuerst ein Fahrrad ohne Pedalen vorgestellt bekam, habe ich den Männern meine genaueren Wunschvorstellungen erläutert. Danach wurde jemand losgeschickt um ein anderes Rad zu holen. Da dies zwar immerhin eine Pedale besaß, jedoch auch einen gebrochenen Lenker, habe ich von der Idee mir ein Secondhandrad zu kaufen erstmal Abstand genommen. Für umgerechnet ca. 90 Euro werde ich mir jetzt wahrscheinlich ein Neues leisten.

Ansonsten wurde ich in eine weitere sehr typisch sambische Tätigkeiten eingeweiht: Das Abschlagen der Maiskörner von den getrockneten Maiskolben. Mais ist das mit Abstand meist angebaute Agrargut in Sambia, es wird ja auch mehrmals jeden Tag von der ganzen Nation gegessen. Meine Familie besitzt ein kleines Maisfeld. Die geernteten Güter liegen zum Trocknen hinten im Garten in einem Gebilde, das etwa so aussieht, wie die Trampoline, die oft in deutschen Gärten von Familien mit kleiner Kindern zu finden sind. Dieses Gebilde, sieht man hier wirklich häufig, da so ziemlich jede Schule und oder Arbeitsstelle seinen eigenen Garten samt Maisfeld besitzt. Zurück zum Maiskörnerabschlagen: Die getrockneten Kolben wurden in Säcke geschmissen, die daraufhin verschlossen wurden. Dann durfte ich mehrmals mit einer Art Baseballschläger mit aller Kraft auf diesen Sack einschlagen, bis die Körner sich von den Kolben gelöst haben. Der Sack wird nun auf einer Plane ausgeleert, die restlichen Kolben entfernt und der Mais in Säcken verstaut. Etwas mehr als einmal im Monat wird dann der 60-70 Kilosack zum Mühlen in die Stadt gefahren. Zurück bekommt man das Maismehl. Spätestens ab diesem Zeitpunkt steht dann fest, dass niemand Hunger schieben muss; für das Nshima des nächsten Monats ist ja dann vorgesorgt.
Als wir dies am Samstagnachmittag machten, wurden wir sowohl von Jugendlichen aus der Gemeinde sowie von einigen erheiternden Getränken unterstützt. Die Jugendlichen haben ihren Spaß und sammeln so gleichzeitig etwas Geld für die Gemeindekasse. Ganz schon clever finde ich.

Auch der sambischen Tierwelt durfte ich schonmal Hallo sagen.
Auf einem Bauernhof, der von einem Schweizer Ehepaar bewirtschaftet wird, wurden Teresa und mir, das Basiswissen für eine erfolgreiche Farm erläutert. Der Bauernhof beinhaltete riesige Bananen und Papayaplantagen, eine Tierabteilung, Maisfelder und Gemüsebeete. Mit dem Umsatz wird eine umliegende Mission unterstützt. Da 80 Prozent der Sambier von der Landwirtschaft leben, war es interessant zu hören, mit welchen Problemen die Farmer auch aus europäischer Sicht konfrontiert sind. So ist es zum Beispiel ein Problem, dass die wenigen großen Supermärkte in den Städten ihre Waren meist aus entfernten Regionen beziehen, und die regionalen Bauern nur wenige Möglichkeiten haben, ihre Güter in ausreichender Menge an den Mann zu bringen.
Nach diesem Besuch ging es auf jedenfall ab zu einer Art riesigen Tierpark, wo man mit dem Auto durchfährt und immer wieder anhält um Giraffen, Zebras oder Impalas zu sehen. Nebenbei waren wir noch in einem Schlangenpark, wo uns verschiedene Krokodile und Schlangen vor die Nase gehalten wurden. Nicht weit von dort, gab es einen wunderschön angelegten See zum Entspannen. Dort gab es auch Gemächer zum Übernachten. Die touristische Seite Sambias war echt schön anzusehen. Viele weiße Gesichter waren dort zu sehen. Auf dem Weg dorthin waren jedoch wieder einige ärmliche Dörfer zu begutachten. Ganz schon verwirrend so wunderschöne und unschöne Plätze direkt hintereinander zu sehen.

Mit neuen Eindrücken und dem Versprechen in naher Zukunft wieder zu schreiben sage ich nun Lebt wohl

Martin