Montag, 15. Juli 2013

Abschied





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Ich bin mir sicher viele von Euch würden gerne wissen was aus meinem Freund geworden ist, von dem ich das letzte Mal berichtet hatte. Zu aller erst die gute Nachricht. Er musste noch nicht zurrück ins Dorf, er wohnt noch immer in Ndola. Er hat all seinen Mut zusammengenommen um mit seinen Adoptiveltern zu reden und ihnen seine Situation zu erklären. Mit dem Versprechen alles sein möglichstes zu tun um einen Job zu finden, wurde ihm erlaubt noch für ein paar Wochen daheim wohnen zu bleiben. Die Sachlage bleibt jedoch die gleiche. Einen Job hat er immer noch nicht. Und findet er in naher Zukunft keine Anstellung geht’s ab zurück ins Dorf. Er hat nur etwas Zeit gewonnen.
Als ich meinem älteren Gastbruder von der Situation meines Freundes berichtet hatte, meinte er, dass er vielleicht helfen könnte. Er rief einen Freund an, dessen Vater eine Firma besitzt, die Leute anstellt um Gras wegzusensen. Dieser verlangte nach der Nummer meines Freundes und meinte er wird sein Möglichstes tun. Das ist nun eine Woche her. Leider hat er sich bis heute nie bei meinem Freund gemeldet.
Vielleicht ist das jetzt kein gutes Beispiel. Aber nur so läuft es hier in Sambia. Wer einen Job haben will, brauch Kontakte. Ich kriege tagtäglich erzählt, dass es so gut wie unmöglich sei in einer Firma anzuheuern, wenn man nicht wenigstens einen entfernten Verwandten dort, hat der für einen vorspricht.  Kontakte gehen wohl vor Qualifikationen. Der jüngere Gastbruder arbeitet momentan in Lusaka bei Zesco, dem nationalen Stromanbieter. Seine Tante, die dort arbeitet, hat ihm diesen Job verschafft. Der ältere Bruder hat gerade ein Praktikum hinter sich bei der Ölfirma, in der seine Mutter arbeitet. Und er wartet darauf bei einer Bank in Kitwe anzufangen, wo sein Onkel arbeitet.
Vielleicht erklärt das die auswegslose Situation des Freundes etwas besser.

So ganz nebenbei ist übrigens meine Zeit in der Schule zu Ende gegangen. Es ist der Wahnsinn wie schnell die Zeit vergangen ist, aber letzten Freitag haben meine Schüler und ich unseren letzten Unterrichtstag gehabt. Natürlich haben wir mehr gespielt und Süssigkeiten gegessen als gearbeitet. Die Kinder wussten schon länger, dass ich bald verlassen werde, und diese Stimmung war die ganze Woche schon über zu spüren. Die, denen ich besonders ans Herz gewachsen bin, wollten nachmittags gar nicht mehr zum Essen nach hause, sondern sind bei mir im Klassenraum geblieben. Ich musste sie dann irgendwann fast sogar zwingen heim zu gehen, stellt sich das mal einer vor.
Ich weiß, dass ich als Lehrer viel falsch gemacht hatte. Auch wenn es gegen Ende relativ harmonisch und lustig zuging, so hatte ich doch zuvor immer viel schreien müssen um mich gegen den Lärmpegel durchsetzen zu können.  Dass ich manchmal harrsch zu ihnen war tut mir natürlich sehr Leid, es ist aber unheimlich schön zu wissen, dass meine Schüler mir verzeihen können.  Ich bin den Problemkindern ja auch nicht mehr böse, dass sie meinen Alltag so anstrengend gemacht haben. Nein, ich vermisse sie schon und muss jedes Mal lächeln, wenn ich an sie denke.
Am Samstag schmiss die Schule eine riesige Abschiedsparty für mich. Ein Raum wurde gemietet, der schoen dekoriert wurde. 

Neben mir meine Kollegen und vor mir der leckere Kuchen

Alle Klassen haben für mich getanzt, mehr als zweihundert Schüler und alle meine Kollegen waren dort. Und ich muss ehrlich sagen, die ganze Geschichte war ziehmlich bewegend.

 

                                        Die Kinder machen das, was sie gut können: Tanzen

Angefangen hatten wir morgens, aber es wurde getanzt bis es dunkel wurde. Wunderschöne Geschenke habe ich bekommen, die ich Euch gerne zeigen kann, wenn ich wieder in Deutschland bin. Briefe und Fotos wurden ausgetauscht und rührende Reden gehalten. Außerdem musste ich jedem einzelnen meiner Schüler versprechen, dass ich sie nicht vergessen werde. Eigentlich solle ich gar nicht gehen, aber wiederkommen müsse ich auf jedenfall.
 
 Geschenke!

Alles in allem war es ein Tag, den ich wohl noch lange in Erinnerung behalten werde.
Die kommende Woche wird nun ganz vom Abschiednehmen geprägt sein. Ich habe die Möglichkeit mich mit meinen Freunden und meinen Gastfamilien noch ein letztes Mal zu treffen. Des Weiteren stehen noch Auswertungstreffen und die Abschiedsfeier der Diözese auf dem Programm. Am Donnerstag kommen bereits Jan uns Johannes, Teresas und meine Nachfolger in Ndola an. Die letzten meiner Tage werde ich dann nutzen um sie bei ihrer Orientierungsphase zu unterstützen.
Auch wenn momentan die Traurigkeit des Abschieds überwiegt, freue ich mich sehr Euch alle bald wiederzusehen! Also bis ganz bald
Euer Martin

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