Mein neues Zuhause bis Dezember
Zum zweiten Mal melde ich mich nun aus meiner neuen Heimat. Und zum Glück kann ich sagen: Ich lerne mehr und mehr Leute kennen. Am Samstag zum Beispiel waren Teresa und ich zum Jugendzentrum in der Stadt eingeladen. Dort trafen wir auf die aus jugendlichen bestehende Musikgruppe, die in ein paar Wochen nach Deutschland reisen wird und sich seit März jeden Samstag zur Vorbereitung trifft. Nachdem wir vom leitenden Priester eine wirklich interessante Lektion in Gruppenverhalten des Individuums gelehrt bekamen, wurden wir zwei auch gleich als Lehrkräfte für deutsche Kultur und Sprache eingesetzt, was durchaus sehr amüsant war. Für die Reisegruppe nämlich wird der in Deutschland gelebte Wert der Freiheit des Individuums ebenso ungewohnt sein, wie dir Direktheit der Leute und die Tatsache, dass nur einmal am Tag warm gegessen wird.
In dem wir noch ein paar wichtige Sätze
wie „Kann ich Ihre Toilette benutzen?“ einstudierten, sprengten
wir zwar endgültig den uns gegebenen Zeitrahmen, aber dennoch wurde
uns danach noch das eigens komponierte Lied zur Partnerschaft
zwischen Limburg und Ndola zum Besten gegeben. Ich persönlich fand
den Moment sehr ergreifend. Das lag einerseits daran, dass es sich
unglaublich gut angehört hat und andererseits daran, dass man
richtig gemerkt hat, wie viel diese Partnerschaft den Menschen hier
bedeutet.
Generell liebe ich es durch die Straßen
zu laufen und aus den Grundschulen, Häusern, Bussen und
Einkaufsläden die laute afrikanische Gute-Laune-Musik zu hören. Um
genau diese zu bekommen habe ich auch schon meine Musik mit dem
Nachbarjungen ausgetauscht. Zu meiner Enttäuschung musste ich aber
feststellen, dass die die Jugendlichen nur den gleichen
amerikanischen Hip-hop hören wie wir auch. Ich werde aber weiter
versuchen sie zu bekommen.
Am Sonntag nahmen mich meine Gasteltern
zum ersten Mal mit zur Kirche. Diese läuft zwar genauso ab wie in
Deutschland, ist aber durch den Jungendchor und einer Band, sowie den
Mitklatschenden und zu der Musik bewegenden Menschen viel lebendiger.
Am Nachmittag nahm der Gastvater mich mit zu einer Art
Diskussionsrunde der Gemeindemitglieder, die jeden Sonntag
stattfindet und wo jeder der möchte teilnehmen kann. Am Anfang wurde
zum Beispiel diskutiert, ob in der Kirche getanzt werden dürfe oder
nicht, was ich echt interessant fand. Da die Christen hier viel Wert
auf die Worte Roms legen - was man auch daran sehen kann, dass
Homosexualität als Sünde angesehen wird und per Gerichtsurteil
bestraft wird – wurde mit verschiedensten Regelbüchern und Psalmen
als Beweise argumentiert, ob nun getanzt werden darf oder nicht.
Danach bin ich etwas abgetaucht und am Ende gab es leckere
Teigröllchen. Naja, das nächste Mal werde ich wohl zu den
Jugendlichen gehen, denen ich am Ende bekannt gemacht wurde. Die
spielen zur gleichen Zeit Fußball und singen Lieder. Fußball ist
generell eine klasse Geschichte. Spätestens seitdem ich dem
Gastbruder und den Nachbarjungen bei einem Match mein Können unter
Beweis gestellt habe, verstehen wir uns echt super.
Je mehr ich die vielen verschiedenen
Einrichtungen der Diözese besuche, desto mehr fällt mir die extreme
Freundlichkeit der Menschen auf. Wenn wir zum Beispiel mit dem Besuch
einer Schule fertig sind, wird sich so oft bedankt, dass wir sie
besucht hätten, dass es einem echt schon sarkastisch vorkommen mag.
Dazu werden wir meist zu weiteren Besuchen eingeladen, wofür bei dem
straffen Zeitplan denke ich aber wenig Zeit bleiben wird. Die Kinder
begrüßen einen meist laut und suchen Körperkontakt.Während ich
das ganze beobachte muss ich aber des Öfteren an einen Spruch
denken, der im Innenraum vieler Busse steht: „Nicht jedes Lächeln
bedeutet glücklich sein“.
Dieser Satz erinnert mich an das
sambische Schulsystem. Ab der achten Klasse kostet die Schule Geld.
Einen abgeschlossenen Schulabschluss besitzt man dann nach der 12.
Klasse. Wer sich die Schule nicht leisten kann, muss die Schule also
vorzeitig abbrechen. Dann ist es anscheinend unmöglich einen Job zu
bekommen, um aus der Armut herauszukommen. Ein Teufelskreislauf.
Aber ich werden dieses Jahr noch einige
Möglichkeiten dazu haben, zu versuchen herauszufinden wie und wie
gut das Schulsystem tatsächlich ist.
Liebe Grüße
Martin
Lieber Martin,
AntwortenLöschenEs freut mich riesig, dass es dir gut geht und du es gut angetroffen hast. Es ist schön von dir gute Nachrichten zu hören und ich hoffe dass du dich weiterhin gut ein lebst!
Du hast ja schon deine erste Erfahrung als "(Deutsch-) Lehrer" sammeln dürfen. Wann fängt denn in Sambia das neue Schuljahr an? Wirst du von Anfang an unterrichten dürfen, oder musst du erst noch besser Bemba lernen?
Richte auch deiner Gast Familie viele grüße aus Deutschland aus! Ich warte gespannt auf deinen nächsten Bericht!
Liebe Grüße aus Flörsheim
Deine Oma Anne-Gretel
Hallo Martin,
AntwortenLöschendein Bericht von letztem Sonntag Nachmittag mit der Diskussion über das Tanzen im Gottesdienst fand ich ganz spannend. Wurde heute Nachmittag darüber weiter diskutiert? Auch wenn du heute bei den Aktionen der Jugendlichen teilnehmen wolltest, vielleicht kann ja dein Gastvater dir etwas zum Ergebnis der Diskussion erzählen. Ich fände es jedenfalls spannend noch etwas mehr über das Thema zu hören.
Und wie war das früher beim Campingurlaub mit dem Wäschewaschen mit der Hand? Über Mama immer gelächelt :) ....
Wir wünschen dir weiterhin viele gute Erfahrungen in Sambia und freuen uns schon auf die Gute-Laune-Musik mit der du uns im nächsten hoffentlich schönen warmen Sommer in Flörsheim beschallen wirst.
Mama, Papa und Oma Anne-Gretel
Schön von dir zu hören Oma!
AntwortenLöschenalso in Sambia fängt das Schuljahr im winter an. Es gibt allerdings keine Halbjahre wie bei uns sondern Trimester. Momentan sind Ferien, das heißt, dass im September bis Dezember die Schule offen ist, von Februar bis März und von Mai bis Juli. Dazwichen sind immer ein Monat lang Ferien.
Mein Bemba befindet sich noch im Anfangsstadium, ich gebe mir aber viel Mühe es mehr zu lernen. Ab der zweiten Klasse wird in meiner Schule auf Englisch unterrichtet, das sollte also klappen.
Die Grüße sind ausgerichtet, vielen Dank!
Martin
Hallo Mama, Papa, Oma
AntwortenLöschenda am Samstag der Namensgeber der kleinen christlichen Gemeinde gefeiert wurde, ist am Sonntag über die Feier resümiert worden. Die Tanzdiskussion war wohl ohne Ergebnis beendet worden.
Auf jedenfall wurde als argument, dass man es nicht tuen sollte genannt, dass in den westlichen Kirchen es auch untersagt ist und man in der Kirche zum Insichkehren und Beten sei und für nichts anderes. Dieses Argument finde ich persönlich aber recht schwach, weil ich nicht verstehe warum es nicht zwichendrin auch mal auflockernde Parts geben sollte.
Das mit dem Wäschewaschen geht bei mir auch nicht allzu gut. Ich hab den Hokuspokus noch nciht raus ;)
Machts gut!
Martin